Montag, 1. Februar 2010

Werner Bergengruen

Dieser Dichter von der zartsinnigsten Sorte, wie sie die Liebhaber der Kalenderpoesie und der weichgespülten Weisheiten so schätzen, überlieferte uns in poetischem Überschwang am Ende des Dritten Reiches, er habe die ganze Zeit nur Lobgesang vernommen:
Was aus Schmerzen kam, war Vorübergang - und mein Ohr vernahm, nichts als Lobgesang.“
Das darf man ihm ruhig glauben, dass die Schmerzen der anderen vorübergehen wie nichts.
Dass die Millionen in den tatsächlichen und den bildlichen Feueröfen wohl nicht die Sänger jener vernommenen Hymnen waren, ist anzunehmen.
Wissen könnte man aber auch, dass die Trennung von lebensweltlich vorfindlichen Leuten und ihren Selbstprojektionen beim Dichten noch ganz andere Ungeheuerlichkeiten
1)erlaubt,
2) hervorbringt, und
3) bei der Trostbedürftigkeit der Leserschaft derartig kultische Verehrung genießen wird, dass es einer Sau graust.

Distinguo

Der Unterschied zwischen „Verbrechen und Strafe“, einem nicht ganz unbekannten Roman von Dostojewski, und seiner bekannten deutschen Übersetzung mit „Schuld und Sühne“ ist der zwischen einem gesellschaftlich-kulturellen Zusammenhang einerseits, und dessen Umdeutung in eine zwangsweise religiös-theologische Verinnerlichung andererseits.

Derartige quid pro quos verdanken sich zumeist dem Interesse an der Verwechslung der verschluckten Zuchtrute mit der nur drohenden.
Sosehr der Roman Anlass zur „verräterischen“ Übersetzung ins Psychologische geben mag, die neue Titelei verschiebt den Deutungshorizont des Lesers in eine präjudizierende Perspektivik, die dem Roman einen Gutteil seines psychologischen Realismus nimmt.

Unterm Gewissensdruck sich selbst der irdischen Gerechtigkeit auszuliefern (Schuld und Sühne), mag eine verquere Sorte Gottesbeweis ermöglichen, als objektiver Zusammenhang gelesen (Verbrechen und Strafe) wäre das der krause Unfug, sich die Gewalten hienieden zum Mittel seiner metaphysischen Bedürfnisse zu machen.

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