Mittwoch, 30. Juni 2010

Vorsicht, Literatur!

Jonathan Swift:
Textauszug aus: Bescheidener Vorschlag, wie man verhüten kann, dass die Kinder armer Leute in Irland ihren Eltern oder dem Lande zur Last fallen, und wie sie der Allgemeinheit nutzbar gemacht werden können (1729)


Es ist ein trauriger Anblick für diejenigen, die durch unsere große Stadt gehen oder über Land reisen, wenn sie sehen, wie die Strassen, die Wege und die Eingänge zu den Hütten von Bettlerinnen wimmeln, die, umgeben von drei, vier oder sechs völlig zerlumpten Kindern, jeden Passanten um ein Almosen angehen. Statt ehrlich ihr Brot verdienen zu können, sind diese Mütter gezwungen, sich den ganzen Tag herumzutreiben, um den Lebensunterhalt für ihre hilflosen Kinder zu erbetteln. Die Kinder werden, wie sie heranwachsen, entweder aus Mangel an Arbeit zu Dieben, oder sie verlassen ihr liebes Heimatland, um in Spanien für den Kronprätendenten zu kämpfen oder sich [auf die Zuckerrohrplantagen] nach Barbados zu verkaufen.

(...)Ich werde deshalb jetzt bescheiden meine eigenen Gedanken darlegen, gegen die es, wie ich hoffe, keinerlei Einwände geben wird.
Von einem sehr sachverständigen Amerikaner meiner Bekanntschaft in London ist mir versichert worden, dass ein junges, gesundes, gutgenährtes Kind im Alter von einem Jahr eine äußerst wohlschmeckende, nahrhafte und bekömmliche Speise sei, gleichviel, ob geschmort, gebraten, gebacken oder gekocht, und ich zweifle nicht, dass es in gleicher Weise zu Frikassee oder Ragout taugt.
Deshalb stelle ich es in aller Bescheidenheit der Öffentlichkeit anheim zu erwägen, dass von den bereits aufgerechneten einhundertundzwanzigtausend Kindern zwanzigtausend für die Zucht zurückbehalten werden sollten; davon braucht nur ein Viertel männlichen Geschlechts zu sein, was mehr ist, als wir bei Schafen, schwarzen Rindern oder Schweinen dafür vorsehen.

Mein Grund ist der, dass diese Kinder selten Früchte einer Ehe sind, eine Formalität, die von unseren Wilden nicht weiter beachtet wird, und daher reicht ein Männchen auf vier Weibchen aus. Die übrigen hunderttausend können, wenn sie ein Jahr alt sind, vornehmen und reichen Leuten im ganzen Königreich zum Kauf angeboten werden, wobei man die Mutter stets dazu anhalten sollte, sie im letzten Monat reichlich zu stillen, um sie fleischig und fett für eine gute Tafel zu machen.
Ein Kind reicht für zwei Gerichte zur Bewirtung lieber Gäste, und wenn die Familie allein speist, so ergibt ein Vorder- oder Hinterviertel ein annehmbares Gericht; mit etwas Pfeffer oder Salz gewürzt, wird es gekocht noch am vierten Tag sehr gut schmecken, besonders im Winter.
Ich habe ausgerechnet, dass ein neugeborenes Kind im durchschnitt zwölf Pfund wiegt und im Laufe eines Sonnenjahres bei leidlicher Fütterung bis auf achtundzwanzig Pfund zunimmt.Ich gebe zu, dass diese Speise etwas teuer wird, und eben deshalb ist sie für Grundbesitzer besonders geeignet; denn da sie bereits die meisten Eltern verschlungen haben, steht ihnen gewiss auch das erste Anrecht auf die Kinder zu....

Ich hatte bereits die Kosten für die Aufzucht eines Bettlerkindes (zu welcher Kategorie ich alle Häusler, Arbeiter und vier Fünftel der Pächter rechne) einschließlich seiner Lumpen auf etwa zwei Schilling im Jahr berechnet; und ich glaube, kein feiner Mann würde sich sträuben, für ein gutes, fettes Kind zehn Schilling pro Stück zu zahlen, das, wie ich bereits gesagt habe, vier Mahlzeiten von ausgezeichnetem, nahrhaftem Fleisch ergibt, wenn er nur mit einem besonders guten Freund oder der eigenen Familie zu Tisch sitzt. So wird der Landjunker lernen, ein guter Grundherr zu sein. und sich bei seinen Pächtern beliebt machen; die Mutter wird acht Schilling Reinverdienst haben und arbeitsfähig- bleiben, bis sie das nächste Kind hervorbringt.

Wer sparsamer ist (wie es, das muss ich zugeben, die Zeit erfordert), kann die Haut abziehen; kunstvoll gegerbt, wird sie vortreffliche Handschuhe für die Damen und Sommerstiefel für feine Herren liefern.

Was unsere Stadt Dublin angeht, so könnten zu diesem Zweck in den am bequemsten gelegenen Stadtteilen Schlachthäuser eingerichtet werden; an Metzgern dürfte es aller Voraussicht nach nicht fehlen, obwohl ich eher anrate, die Kinder lebend zu kaufen und sie noch warm nach dem Schlachten zuzubereiten, wie wir es mit Spanferkeln machen.

Eine hochangesehene Persönlichkeit, ein wahrer Freund seines Landes, dessen Tugenden ich überaus schätze, hatte kürzlich die Liebenswürdigkeit, bei einem Gespräch über diese Angelegenheit noch eine Verbesserung zu meinem Plan vorzuschlagen. Er sagte, dass viele vornehme Herren unseres Königreichs in letzter Zeit ihren Rotwildbestand ausgerottet hätten; deshalb glaube er, dass der Mangel an Wildbret gut durch die Leiber jünger Burschen und Mädchen nicht über vierzehn und nicht unter zwölf Jahren ausgeglichen werden könnte, zumal eine so große Zahl beiderlei Geschlechts in jedem Bezirk nahe daran sei, aus Mangel an Arbeit und Stellungen zu verhungern; und diese könnten von ihren Eltern - falls sie noch leben - oder sonst von ihren nächsten Verwandten veräußert werden.
Indes bei aller gebührenden Hochachtung gegenüber einem so ausgezeichneten Freund und so verdienten Patrioten kann ich seinen Gedanken nicht ganz beipflichten; denn was die Männchen angeht, so hat mir mein amerikanischer Bekannter aus häufiger Erfahrung versichert, dass ihr Fleisch wie das unserer Schuljungen infolge vieler körperlicher Bewegung im allgemeinen zäh und mager und ihr Geschmack unangenehm sei, und sie zu mästen, würde die Kosten nicht lohnen. Was ferner die Weibchen angeht, so wäre es, wie ich mir ergebenst zu bemerken gestatte, ein Verlust für die Öffentlichkeit, weil sie bald selbst Nachkommenschaft hervorbringen würden. Außerdem ist es nicht unwahrscheinlich, dass einige bedenkliche Leute geneigt sein könnten, ein solches Verfahren (wenn auch sehr zu unrecht) zu kritisieren, weil es ein wenig an Grausamkeit grenze, was für mich, wie ich gestehe, stets der stärkste Einwand gegen jeglichen Plan gewesen ist, so gut er auch gemeint sein mochte.(...)

Vorhersagbarkeit
Gibt man die Suchbegriffe „Sozialpsychologie Wut Hass“ ein, erschnüffelt der google-Hund ungefähr 13.700 Einträge.

Man braucht nicht einen davon aufzurufen, um zutreffend prognostizieren zu können, dass darin Hass und Wut den Geistesschwachen zugeordnet werden, und die wahre Geistesgröße dem Leiden einen Sinn ablauschen wird.

Man verstehe dieses Memorabile als einen Beitrag zur Seuchenkunde.

„Freiheit macht ja so arm...“

- „Das ist ja mal wieder eine deiner typischen schamlosen Übertreibungen!“
- „...wie die Lohnabhängigen auf dem Arbeitsmarkt der Freien.“

Emotionale Intelligenz
ist ein Widerspruch in sich, so eine saloppe Art "gleitender Logik der Seele".

Trotzdem gibt es - außer Büchern über den herbeidefinierten Gegenstand - Management-Seminare zur Verbesserung der Führungskompetenz von ganzheitlich gestalten wollenden Führungskräften.

Die Dummheit manipulativer Charaktere fällt sichtlich gerne auf ihre Intelligenz beim gefühlvollen Nutzen des Humankapitals herein.

Gescheite Leute
besitzen genau so viel Intelligenz, dass sie immer genau wissen, wann ich gegen sie bin.
Für die Einsicht ins angegebene Warum langt es freilich nicht.
Soll heißen, dazu sind sie viel zu gescheit.

Unberechenbarkeit
des Gegners ist der Grund für Spionage und Diplomatie, also wegen ihrer erfolgreichen Vereitelung eigentlich inexistent.

Das erinnert mich an den - in seiner gedanklichen Tiefe gar nicht auszuschöpfenden - Witz vom Billy-Billy-Wasser.

Da geht einer am Bahnsteig auf und ab und sprenkelt reichlich Wasser in die Gegend.
Fragt ihn ein Passant, was er da eigentlich mache.
„Na, das sehn Se doch. Ich weihwedele hier mit Billy-Billy-Wasser.“
„Und wofür soll das gut sein?“
„Das is gegen die Elefanten..... Oder sehn Se hier vielleicht auch nur einen einzigen Elefanten?“

Unverschämtheit, die aus der Sache kommt
Ich nehme meine Leser so ernst wie mich.
Daher die Verständnisprobleme.
Sie wollen nämlich strikt als sie ernst genommen werden.

Dabei kennen wir uns doch gar nicht.

Vermächtnis
„Die Welt , die ich euch hinterlasse, ... in der möchte ich nicht leben.

Liebe Kinder, man kann ein Erbe auch ausschlagen.“

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Frank Benedikt - 11. Okt, 10:50
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Irgendwie schade. Habe "gerade" erst angefangen, dieses...
tom-ate - 3. Okt, 15:29
Gruß http://opablog.twoday .net/stories/42987938/
Gruß http://opablog.twoday .net/stories/42987938/
kranich05 - 3. Okt, 11:18
SpinnewippGrüße
Hallo Gitano, am Ende dieses Blogs- den einzigen den...
cadiz - 26. Sep, 17:39
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vunkenvlug - 26. Sep, 14:22

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