Montag, 15. März 2010

Menschenhass

Shakespeares Timon von Athen erliegt dem idealistisch inspirierten Irrtum, dass Reichtum zum Aus- und Heraushelfen und allgemeinen Wohltun da sei.
Seinem - wegen solch hirnnrissiger Einbildungen - erwartbaren und eintretenden Bankrott entnimmt er nicht die Erkenntnis, dass er sich schwer gegen die Natur des nervus rerum vergangen hat, sondern ein ungünstiges Urteil über die sittlichen Standards seiner Mitwelt.
Und hier beginnt die Denunziation dieses Bilds eines hochherzigen Trottels.
Nach der antiken Charakterologie (des Aristoteles) sei einer, der als Staatsbürger nicht leben wolle, ein Tier. Verbittert zieht er sich in den Wald zurück und gräbt nach Wurzeln wie eine Wildsau.
Das haben sie ja alle immer schon gewusst. Wer nicht beim allgemeinen Getriebe mitmacht, ist eine Art Untermensch, der historisch konjunkturell in verschiedene Projektionen a-sozialer Naturverfallenheiten eingereiht wird.
Damit nicht genug, steigert sich die küchenpsychologische Verdammungstechnik in die Vorstellung, der enttäuschte Idealismus ergötze sich hinfort an einem Idealismus des Bösen. Denn die story zeigt uns einen Timon, der beim Wühlen nach Wurzeln durch Zufall Gold findet, mit dem er nur noch der Raserei seines Hasses frönt.
Als er nämlich von Alkibiades´ geplantem Feldzug gegen das verhasste Athen erfährt, gibt er ihm Gold für seinen Vernichtungszug. Den ihn besuchenden, gleichfalls mit Gold beschenkten Prostituierten trägt er auf, mit ihrem Beruf nur eifrig fortzufahren und Krankheiten zu verbreiten. Zwei Dieben gibt er wiederum Gold und den Auftrag, in Athens Geschäfte einzubrechen und soviel zu stehlen, wie er ihnen gegeben hat...

Daran ist immerhin so viel interessant: den Normalo und seine Vorstellungswelt beutelt eine irrationale Angst vor dem Opfer, das er auf dem Altar seiner Mittelmäßigkeit sich selbst dargebracht hat.
Dessen Rache wird in der Gewaltsamkeit seiner Reaktion als ziel- und maßlos visioniert.

Moral,
eine milde und legalisierte Einstiegsdroge.
Bei Politikern und Revolutionären erfolgt jedoch erfahrungsgemäß der Übergang zu den härteren Sachen sehr schnell.

Als Einstiegsdroge zu diversen härteren Sächelchen also durchaus brauchbar, heute allerdings als verdammt hartes „non plus ultra“ (Keinen Schritt weiter, oder es knallt.!) befohlen.
Über Feinstaubplaketten und Rauchfreiheit in öffentlichen Räumen sollst du dem small-talk zuschowen, der Feinstaub aus amerikanischen Massenvernichtungswaffen mit abgereichertem Uran (Krebstod für 2,5 Millionen Jahre im Umkreis von 25 km der Einsatzgebiete garantiert) in Ex-Jugoslawien, Afghanistan, und Irak, Libanon ist erst gar kein Thema.

Moralisches Unwesen
Gern würde er seine Geliebte aus den Fängen dieses Ungeheuers retten. Dies erschiene ihm als Gutes.
Da er dies aber aus Neigung und Liebe zur Sache betriebe, statt aus Pflichtgefühl, muss er sie ihm doch wohl als zarten Happen zwischendurch überlassen.
Denn Alles, was „ nicht auf moralisch-gute Gesinnung gepfropft ist, ist nichts als lauter Schein und schimmerndes Elend."

Kants Rigorismus spricht sich unmissverständlich und strikt gegen das Lügen aus, aber kein Wohlmeinender würde es soweit kommen lassen, dass er aus purer Wahrheitsliebe seinen wahren Charakter, seine Schwächen, Gemeinheiten und Idiotien auf die - nichts dergleichen vermutende - Mitwelt losließe.
Die Welt würde keineswegs zusammenbrechen, wenn der guten Menschen weniger würden: Lügende Zeugen wandern wegen Meineids ins Gefängnis.

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