Sonntag, 22. August 2010

Befreiungsschlag

Eingedenk der Unendlichkeit aller möglichen Wertschätzungen
würde es sogar höchlichst verwundern,
wenn es in diesem Sammelsurium darin kein Maß gäbe,
an dem gemessen du Unwert, du unwerter,
ganz einfach weggehörst.

Daher:
Lebe du lieber gleich
Dich irgendwohin.


Das Unvergleichliche
Ich weiss nicht, was sich die Philosophiegeschichte unter dem Absoluten vorgestellt hat. Zu ihren Gunsten nehme ich mal an, dass ihr die öde Denkform des ständigen Vergleichens von allem mit allem unter willkürlichen Kriterien ein Ärgernis war. Weswegen sie darauf verfiel, die Relationierbarkeit als Urform des Ungedankens, dass alles mit irgendwie allem im vergleichsweisen Zusammenhang stehe, zu verwerfen.

Es würde sie immerhin ehren, wenn sie auf der Bestimmbarkeit, und damit der Trennbarkeit von Gegenständen der Erkenntnis bestanden hätte.

Leider dürfte sie nicht das ebenso Losgelöste, Unvergleichliche - direkt aus dem "Herzen der Finsternis" - gemeint haben:

„Die Gesellschaft ist ihrem Wesen nach kriminell, sonst würde sie nicht existieren. Der Egoismus rettet alles – absolut alles –, was wir hassen, was wir lieben.
Und alles bleibt so, wie es ist.
Ebendies ist der Grund, warum ich die extremen Anarchisten achte. „Ich erhoffe die allgemeine Ausrottung“ – sehr gut.
Das ist gerecht, und, mehr noch, es ist klar.
Wir gehen mit Worten Kompromisse ein. Es hilft uns auch nicht weiter. Es ist wie ein Wald, in dem niemand den Weg kennt. Man ist verloren, während man noch ruft: „Ich bin gerettet!“
(Joseph Conrad)

Kulturzeit
Daß es ausgerechnet die herrschenden Panzer aus Politik und Professorenschaft sind, die sich gern am Thema des freien Willens erlaben, heißt doch nur, dass sie wohlgenährte Meister in der Kunst des Abspeisens sind.

Samstag, 21. August 2010

Zögerliche Rehabilitation des Hasses

Der Hass stellt liebenswürdigerweise
den Motor der Weltgeschichte.

Es sind die unnachsichtigen
Werke der Liebe
welche die Fahrbahn bereitstellen,
auf der, sich zu bewegen,
er genötigt ist.


Seit ich dem Armutsideal abgeschworen habe
bin ich verlobt mit dem Luxus.

Aber er nicht mit mir.

Freitag, 20. August 2010

Ad me ipsum

Wenn du merkst, daß du den Leser brauchst, dann höre auf mit dem Schreiben, denn du befindest dich auf dem Schleichweg zur Gratifikation.
Es ging dir also gar nicht um die Sache.

Mal im Ernst:
Wenn der Staat tatsächlich für die unter ihm Befassten, also die von ihm in Atome zerschlagenen Bürger da wäre, dann bräuchte man ihn doch überhaupt nicht, weil dann seine Realität identisch mit seinem Desiderat wäre, also alles sich rauskürzte, was er tatsächlich macht.
Aber den meisten Unaufmerksamen genügt ein Leben im Irrealis durchaus.

Noch nicht einmal das anti-idealistische Gegenteil ist richtig, dass der Staat bloß für seine ewigen Nutznießer da wäre. Solche Parteilichkeit würde seine materielle Grundlage sehr schnell schlicht ruinieren.

Also gebt euch gefälligst zufrieden mit seinem Vor-, Mittel -, und Nachnamen „Gewalt“, die schon auch mal gegen euch, die ihr euch das gar nicht vorstellen können möchtet, ausschlägt.

Samstag, 21. August 2010

T-shirt-Botschaft

You can
buy freedom.

Just know
where to shop.

Donnerstag, 19. August 2010

Das Ende von Etwas...

Auf den Kykladen.
Sitzend im Torbogen einer Klosterruine, auf den felsigen Skeletten von einst Belebtem.
Die Sonne geht unter, und der Andrang der Aussentemperatur ist dem Andrang des Körperklimas angeglichen.
Jetzt ist die Welt im Gleichgewicht einer ausdehnungslosen Zeit. Heute ist das Gestern des Immerdar.
Wie das Meer, das in seiner Bewegtheit ruht.

Atmen, Licht sein, weg im Hier.

Und dann sagt der, den du bislang deinen Freund genannt hast: „Aber am Grand Canyon hab ich mal einen Sonnenuntergang erlebt...“

....ist kein Anfang von etwas Neuem.

Groteske und Collage
Es ist immer noch besser, sinnlose Protestlieder gegen den Haarausfall zu singen, als Rousseaus merkwürdigen Souveränitätsbegriff zu unterschreiben.

Oder bin ich tatsächlich nach der Unterschrift unter den mir nie vorgelegten Gesellschaftsvertrag tatsächlich der Idiot, der ich als Souverän nie war?

Was schwer ist zu begreifen: dass seit Rousseau überhaupt nur noch Kitt in der politischen Theorie gedacht wird. Wo doch allein durch die Risse in den Dingen gelegentlich Licht einfällt.

Jeder Satz, der die Wunde offen hält, steht theoretisch und ästhetisch wenigstens im Geruch der Wahrhaftigkeit, während die herbeieilenden Problemlöser bloß fortfahren mit dem Psalmodieren ihrer trostlosen Messen.

Lieber Freund,

auch in Deiner letzten mail kommst Du mir wieder mit Deinem Dafürhalten:”Da muss man sich halt entscheiden.”

Lassen wir das vorläufig einmal dahingestellt sein.
In der Zwischenzeit hier ein kleines Novellen-Exposé als Vorlage für Deine Entscheidungsfindung.

Nennen wir ihn Edmund, den älteren Herrn, über den Du zu Gericht sitzen wirst.
Seit geraumer Weile verlässt unser Edmund jeden Montag seine Eigentumswohnung, um – 200 km entfernt - die mittlerweile faltenreiche Geliebte seiner sexuellen Prägungsjahre zu besuchen. Er rottet in ihren verwilderten Gärten die Brombeeren aus, vernichtet Brennesseln und anderes Unkraut, stutzt die Wassertriebe der Obstbäume und drückt in einem der Gartenhäuschen nach abendlichen geruhsamen Gesprächen ihre Leibesfülle in eindeutigen Sympathiekundgebungen an sich.
Vor fast vier Jahrzehnten hatten die beiden eine Tochter, der leider nicht jener Menschberg folgte, den Edmund im sonntagmorgendlichen Bette in einer privat gehätschelten Utopie übereinanderkrabbeln sah.
Damals wollte sie das Kind, nicht den Kerl.
Während des Austauschs ihrer Zärtlichkeiten klingelt ab und zu das Handy: ihr seit Jahren bettlägeriger, siecher Gatte versichert sich ihrer Nähe.

In der zweiten Hälfte der Woche sucht Edmund seine ältlicheGattin in ihrer Eigentumswohnung auf, eine Frau, der er in konventioneller Zugetanheit auch noch nach der Aufzucht der Brut verbunden ist. Ihr hat er sich ein ganzes Eheleben lang nicht wirklich geöffnet, aber die bürgerlichen Rechtsgarantien von Tisch und Bett zu widerrufen, hatte er nie Anlass gesehen. Und er ist über diese seine „Gänseliesel“ nicht so ganz unglücklich, wie übrigens auch sie, der er keineswegs die Woche über fehlt, so sehr er ihr ein Allerliebster ist.

Edmund nun ist sich sicher, dass das zwei ganz verschiedene Kisten sind: das aufsteigende warme Gefühl beim Anblick der wiedergefundenen Jugendgeliebten und das schon welke, aber immer noch begehrenswerte Fleisch seines Gesponses, Sphären, die in ihrer Absolutheit nichts miteinander zu tun haben.

Warum sollte er also durch unangebrachten Mitteilungsdrang eine der beiden Sphären ausschließen müssen?
Steht die bittersüße Quelle seiner lebenswierigen Traumata etwa über der temporären, rituellen Aufhebung seiner Einsamkeit im ehelichen Liebesakt?
Oder umgekehrt: wieso eigentlich sollte er die Gewährsperson für den schmerzhaften Einsturz seinerzeitiger privater Weltbildnerei aufgeben? Und - statt ihr für die einstige Heilung davon zu danken - zugunsten einer katechismuskonformen Lebensweise optieren?

Könnte es nicht auch sein, dass der Katechismus von Wüstenbewohnern entworfen wurde, die den Regenbogen nur vom Hörensagen kennen?
Und der Stolz dieser Meister auf ihr strenges Unterscheidungsvermögen zwischen Weiß und Schwarz! Ist er nicht ein ganz klein wenig lächerlich, angesichts der von niemandem geleugneten Tatsache, dass die Nacht etwas anderes ist als der Tag?

Edmund jedenfalls ging hin und verfasste erotisierende Tagelieder auf das mürbe Fleisch seiner Gattin und pries - unabhängig davon - in „Liedern, in der Dämmerung zu singen“ die Abende mit seiner einstigen Gespielin. Beide Gattungen genossen ein gewisses Ansehen im Freundeskreise für ihre Nuanciertheit beim Skizzieren der grauen und rosigen Übergänge.

Dienstag, 17. August 2010

DIE POLITISIERTEN

Die Wachen
haben eine gemeinsame Welt,
im Schlaf wendet sich jeder
seiner eigenen zu.
(Heraklit)

AUFWACHEN!

Ich weiss eigentlich gar nicht so recht, warum man die Unpolitischen politisieren soll.

Sieht man sich die Politisierten näher an, fällt einem erst recht kein gutes Argument mehr ein.
Unabhängig von allem, was so von den dafür Zuständigen passieren gemacht wird, weiss der Politisierte immer schon die Lösung: von seiner Sorte sollte es mehr geben.

Und was will er mit seinem „nie groß genugen“ Haufen im Rücken?
Die politische Lösung der Probleme, die ihm die Politik bereitet.

Aber GENAU DAS geschieht doch unentwegt!
(Politisierte pflegen an solcher Stelle höhnisch auf die soeben verwendeten Großbuchstaben hinweisen, insinuierend die Nähe zu ...)

Die Zuständigkeit des Politisierten besteht darin, seine Kompetenzen ja nicht zu überschreiten. Er würde auch jeden in seine Schranken verweisen, der ganz unpolitisch auf das von der Politik angerichtete Unbekömmliche bei der Klärung von Machtfragen verweist.

Kurz: der Politisierte ist immun gegen Techniken der Infragestellung, weil er der lebende Beweis für die immunisierende Technik der belanglosen Infragestellung ist.

Montag, 16. August 2010

Menschen- statt Politbloggerei

Ja geht denn das überhaupt?
Man ist doch auf das mit dem Menschsein bloß scharf, weil einem andauernd der Bürger bei jeder besseren Regung dazwischenfuchtelt.

Vom Menschen aus erscheint die Zugehörigkeit zur Lumpenelite wie ein Defizit, und vom Bürger her sieht der emphatische Mensch aus wie eine Gefährdung durch jugendliches, leises Irresein.

Natürlich wäre mir die gelungene Vernichtung aller jemals adoptierten Introjekte hochwillkommen, aber mehr als die hoffnungsheischende Übergänglichkeit zwischen den Unschärferelationen der Worte ist wohl nicht zu erwarten.

So visioniert sich beispielsweise die reale Abhängigkeit lieber in einer gemütlichen Zugehörigkeit...Zugeh!..gehörig...
Hörigkeit...
Hörigkeit....
Hörigkeit...

Der Schwellenschmuser

Seht, da steht er ja mal wieder!

Sonst sieht man ihn meistens in meditativer Gebücktheit, wie er die Türschwelle eifrig liebkost.

Er ist ja nun wirklich ganz vernarrt in Schwellen.
Sie künden ihm vermutlich permanent ein Jenseits davon an.
Auf ihr stehend weiß er mit Sicherheit, dass es da vorne noch etwas anderes gibt als den täglichen Eintopf.

Seltsam nur, dass er trotzdem einer ist, der zwischen Tür und Angel genau auf der Schwelle verharrt.
Die vermuteten Köstlichkeiten dort hinterm Horizont versuchsweise schon einmal über die Zunge rollen lassend, den jetzt nötigen nächsten Schritt doch lieber bloß denkfühlend, schwillt ihm der Kamm.

Und so kräht er sich immerzu als seine nächste Strophe in die auch ohne sein Zutun werdenden Tage. Und das - wohlgemerkt! - mit dem Hintern in den Schwaden des köchelnden Eintopfs und mit dem Gesicht draussen an der frischen Luft.

Sonntag, 15. August 2010

Vorsicht, Literatur!

Die Fehler/Sünden/Laster der modernen Welt

Die modernen Delinquenten
Sind befugt, täglich an Parkanlagen und Gärten teilzunehmen.
Gerüstet mit gewichtigen Ferngläsern und Taschenuhren
Plündern sie die vom Tode bevorzugten Kioske
Und installieren ihre Laboratorien zwischen den blühenden Rosensträuchern.
Von dort aus kontrollieren sie Fotografen und Bettler, die in der Gegend herumschlendern
Und versuchen, der allgemeinen Misere einen kleinen Tempel zu errichten
Und wenn sich die günstige Gelegenheit ergibt,verschaffen sie sich den Besitz eines melancholischen Schuhputzers.
Die verängstigte Polizei flieht diese Monstren
In Richtung des Stadtzentrums
Wo die großen Brände des Jahresendes explodierend ausbrechen
Und ein kühner Kapuzenträger legt zwei Müttern der Barmherzigkeit die Hände auf.

Die Sünden der modernen Welt:
Das Automobil und der Tonfilm,
Die Diskriminierung der Rassen,
Die Auslöschung der roten Häute,
Die Tricks der Großbanken,
Die Katastrophe der Alten,
Der heimliche Mädchenhandel verübt von internationalen Sodomitern,
Die Selbstanpreisung und die Völlerei,
Die pomphaften Leichenbegängnisse,
Die persönlichen Freunde Seiner Excellenz,
Die Überhöhung der Folklore zu einer Kategorie des Geistes,
Der Missbrauch von Rauschgiften und der Philosophie,
Die Verweichlichung des von der Glücksgöttin Favorisierten,
Die Auto-Erotik und die sexuelle Grausamkeit.
Die überspannte Schwärmerei für das Traumhafte und das Unterbewusste auf Kosten des gesunden Menschenverstands.
Das übertriebene Vertrauen auf Seren und Impfungen,
Die Vergöttlichung des Phallus
Die internationale Politik der geöffneten Schenkel, gesponsert von der reaktionären Presse,
Der maßlose Eifer für Macht und Profit,
Der Wettlauf des Goldes,
Der verhängnisvolle Tanz der Dollars,
Die Spekulation und die Fehlgeburt,
Die Vernichtung der Götzen,
Die exzessive Entwicklung der Diätetik und der pädagogischen Psychologie,
Das Laster des Tanzes, des Zigarillos, des Glücksspiels
Die Blutflecken, die sich gewöhnlich in den Betttüchern der frisch Vermählten finden,
Die Verrücktheit des Meeres,
Die Platzangst und die Klaustrophobie,
Die Spaltung des Atoms,
Der blutige Humor der Relativitätstheorie,
Das Delirium, in den Mutterleib zurückzukehren,
Der Kult des Exotischen,
Die Unfälle des Flugverkehrs,
Die Einäscherungen, das Abführen in Massen, die Zurückhaltung der Reisepässe,
All dies nur so halt,
Weil es Schwindel erzeugt,
Die Interpretation der Träume
Und die Verbreitung der Radiomanie.
[...]
Und die Poesie wohnt in den Sachen selbst oder ist ganz einfach eine Spiegelerscheinung des Geistes
[...]
Wegen all dem
Halte ich mir eine Laus in meiner Krawatte
Und muß über die Schwachsinnigen lächeln, die von den Bäumen herunterklettern.


(Aus: Nicanor Parra "Poemas & Antipoemas)

Kompromiss

Festlegung einer Konfliktlinie, entlang derer die am Interessengegensatz Beteiligten wechselseitig die Illusion nähren dürfen, im Schädigen des anderen läge ein Gewinn.

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