Mittwoch, 28. April 2010

Demokratischer Personenkult

Da keiner sich gern von jedem dahergelaufenen Dödel notzüchtigen lässt, erklärt man sich deren Erfolg beim Überrumpeln gemeinhin aus ihrem Charisma.

Pathetik
Es gibt Menschen, die sich lieber der grauenhaftesten Verbrechen bezichtigen, als darauf zu verzichten, ebenso erbärmliche Narren wie sie selbst, mit sich selbst beeindrucken zu wollen.

Personalisierung
Die literarisch sich entäußernden und alle anderen Schamanen zerfallen spätestens seit 1789 in die Front der affirmativen Sinnstifter mitten im Unsinn einerseits. Und jene Frondeure, denen daran was auffällt, andererseits.
Letztere hat man als anständiger Mensch - unabhängig vom gerade Verhandelten – Scheelsüchtige zu nennen, ressentimentgeladene Menschen, die sich selbst nicht leiden können, und - Gnade uns Gott! – am liebsten selber an der Stelle der Kritisierten säßen.
Wahlweise – weil es ja nur um die Methodologie des Fertigmachens geht - kann man sie auch der autistischen Selbstbezüglichkeit, der narzisstischen Selbstgefälligkeit.... zeihen.

Mit dem - gelegentlich sehr hemdsärmeligen - Goethe kann man diese missvergnügten Umtriebigen auch als „Die Aufgeregten“ lächerlich machen.

Sollte tatsächlich irgendeiner von den Abservierten den in der Personalisierung vorgenommenen Themenwechsel bemerken, bleibt ihren braven Kritikern immer noch das Bewusstsein, die zweifellos besseren Menschen zu sein.

Dienstag, 27. April 2010

Palinurus

Ich, zuverlässiger Steuermann eines Schiffes voller Helden und Narren, sage euch: Was ich hier an Verlusterlebnissen aufschreibe ist wahr, bis wer anderer hier vorbeikommt und die Welt in seinem eigenen Stil umarrangiert.

Panik
kommt beim Beobachter auf, hört er den Ruf nach Visionären.

Parteilichkeit
Gebildete stehen gewöhnlich höher als auf den Zinnen der Parteien, also mit beiden Beinen voll in der Luft.

Diese Position erlaubt ihnen eine genaue Ortung und Einschätzung des stärkeren der Bataillone.

Leben!

Wie ein Baum, einzeln und frei
und brüderlich wie ein Wald,
diese Sehnsucht ist unser!


Über dem Meer die bunte Wolke

Darauf das silberne Schiff
Darinnen der gelbe Fisch
In der Tiefe blauer Tang

An der Küste ein nackter Mann
Der steht da und überlegt
Soll ich die Wolke sein?
Oder das Schiff?
Oder der Fisch?
Oder vielleicht der Tang?

Weder noch!
Das Meer musst du sein,
mein Sohn!
Mit seiner Wolke,
Mit seinem Schiff,
Mit seinem Fisch,
Mit seinem Tang

Sehnsucht

Heimkehren
will ich zum Meer,
hineintauchen in den blauen Wasserspiegel,
ins Meer!
Heimkehren will ich zum Meer!

Die Schiffe streben zum Horizont,
hell und weit,
ihre straffen Segel sind nicht gebläht vom Leid.
Ich wäre glücklich,
könnt ich einmal auf einem solchen Schiff Wache tun.

Da uns der Tod eines Tages gewiss ist,
nun so möcht ich wie ein in der Flut versickerndes Licht
verlöschen im Meer.
Heimkehren will ich zum Meer!
Heimkehren zum Meer!

24 September 1945

Das schönste Meer:
es ist das noch unbefahrene...

(Aus: Nazim Hikmet.Gedichte)

Montag, 26. April 2010

Neurosengenese

Der paradoxe Tiefsinn des „Werde, der du bist“ verbirgt verschmitzt die Unmöglichkeit jeglicher Realisierung.
Der Igel ruft prompt „Werde“, sobald der Hase da ist.

Novellenproduktion
"Geben ist seliger denn nehmen."
Sagte des Gesetzes Geber und bescherte eine weitere Novellierung.

Ordnung der Dinge
Foucaults „Archäologie der Humanwissenschaften“ legt die längst erodierten Fundamente des Humanismus in ihrer Zerfressenheit frei und traut sich zu wetten „dass der Mensch verschwindet wie am Meerufer ein Gesicht im Sand.“
Alle ernsthafteren Denker von der rechten Kulturkritik eines Ernst Jünger bis zu den neuesten bourgeoisiekritischen Theoretikern (Immanuel Wallerstein) sind sich darin einig, dass die Vorstellung einer am Maß des Menschen ausgerichteten Organisationsform des Wissens der Vergangenheit angehört und einer dem Subjekt gegenüber höchst indifferenten Ordnung der Dinge gewichen ist.
Als phänomenologische Beschreibung sieht das den Realien täuschend ähnlich.
Dass aber diese Ordnung ein unabhängig vom Willen des Subjekts zustande gekommenes Werk sein soll, bleibt bloße Behauptung.

Man kann auch anders und anderes wollen.

Sonntag, 25. April 2010

Bafa-See/Latmosgebirge -Türkei

Diese jährlich wiederkehrende Ausfahrt gleicht (bis auf die story mit dem Hund) der damaligen so sehr, daß ich den alten Text unter dem folgenden link

http://www.rencker.de/latmos.htm

noch mal zugänglich mache.
Bilder und Unterstrichenes anklicken. Is auch authentische Saz - Musicke dabei!

Opportunist

Haargenau so ein Glücksritter wie wir, der aber ärgerlicherweise auch noch Erfolg dabei hat.

Oral history
Der Zeitzeuge versichert, dass er um ein Haar das sinkende Schiff gerettet hätte. Auf Nachfrage hin gibt er zu: “Na ja, aber ohne mich wäre es nicht gegangen.“

Stimmt. Ohne Mitmacher geht es nie.

Ordnung
Dem Eigentümer war noch jede Ordination von Ordnungswächtern recht.
Auch ohne Lateinkenntnisse war ihm klar, dass „ordo“ die Hierarchie des Affenfelsens von den Theatersitzreihen bis zu den Ruderbänken hieß, und die Ordonnanzen in Reih und Glied das Casino zu bedienen haben.
Nach Gebühr geht eben nichts wider alle Ordnung. Basta.

Den Zenturionen und anderen Rangklassen von Ordnungshütern wurde seither erzählt, dass sie die Rahmenbedingungen beim zivilisatorischen Aufbau einer Völkerfamilie seien.

Dienstag, 13. April 2010

Rehabilitation der Leidenschaften

"Ist die Vernunft allein getauft, sind denn die Leidenschaften Heiden?"

- Aus den "Night Thoughts" (1742) von Eduard Young

Objektivismus

Albert Einstein bekennt in "Mein Weltbild": “Nach dem Sinn oder Zweck des eigenen Daseins sowie des Daseins der Geschöpfe überhaupt zu fragen, ist mir von einem objektiven Standpunkt aus stets sinnlos erschienen.“
Sein ihn ehrender Objektivismus übersieht dabei großzügig, dass genau dies den Unsinn der Sinnsuche seiner Kollegen ausmacht, der sogar noch nach dem Sinn des Drecks zu unseren Füßen fahndet, und zu diesem Zweck freiwillig bei den Polizisten der Naturphilosophie einsitzen geht.

Offenbarungsreligionen
Gott eilte jenen offensichtlich medial veranlagten Männern persönlich zu Hilfe, denen es dermaßen gründlich misslungen war, uns etwas weiszumachen.

Offene Gesellschaft
Besteht aus Leuten, die es gern beliebig hätten, sich aber sofort unwohl fühlen bei Beliebigkeit.

Verantwortung
Schon vor langer, langer Zeit gab es einmal zwei Büder.
Die waren von ihren Eltern zu verantwortungsvollen Menschen erzogen worden. Der Mensch ist ein care-taker, einer, der Fürsorge zu tragen hat für sich, das zu mehrende Seine und die Seinen, hatte man sie gelehrt.
Und so ging Kain hin und sorgte umsichtig für seine Herden, Sorge tragend voller Verantwortung für die Mehrung von Mensch und Vieh.

Aber auch sein Bruder Abel stand ihm in verantwortungsvoller Fürsorge in nichts nach. Er gärtnerte und landwirtschaftete den lieben langen Tag und mehrte sich und das Seine.

So musste es - früher oder später - dahin kommen, dass vor lauter care-taking beim Mehren die beiden über eine Wasserstelle Ärger bekamen. Kain brauchte das Wasser für das Tränken seines Viehs, wie Abel sich über seine von Kains Vieh zusammengetretenen und weggefressenen Gräslein und Kohlköpfe ärgerte.

Wer schließlich aus lauter Fürsorge, care-taking und Verantwortung wen erschlug, ist ziemlich gleichgültig.

Jeder verantwortungsvolle Western belehrt und bis auf den heutigen Tag, dass die Lösung dieses alten Wasserstellenproblems nicht in der kommunen Beschaffung von Wasser und Wasserzugang für beide besteht, sondern im schnelleren Ziehen der Waffe.


Persönliches:
Ähmmm, ich mach mich schon wieder mal vom Acker. Diesmal nach der Westtürkei hin.
Wer meinem Geschreibsel was abgewinnen kann, der findet erst ab 25. huius wieder Ergötzliches.

Montag, 12. April 2010

Kalkutta, Darjeeling, Sikkim III

29. März
Wenn des Menschen Wille sein Himmelreich ist, dann ist die Verhinderung jedes Erfolgs einer Willensregung die Hölle.
Wir sprechen hier über Darjeeling.
- Du willst an der Toy-Train-Station den Nachtzug nach Kalkutta buchen. Da darf nix schief gehen. Tagelang vorher ist schon ausgebucht.
Und nu? Kein Diensteistender weit und breit.
Nach einer ¾ Stunde gibst du das Schlangestehen auf. Vermutlich ist wieder mal der „server down“.
- Also jetzt an die mail - Schreiberei!
Aber das komplette internet ist in Darjeeling ausgefallen.
- Du willst bummeln, und ein ernsthafter Regen – nicht so ein Larifari, das dich zwar auch durchnässt, aber mehr hinterrücks und nach und nach - hält kräftig dagegen.
- Also mit dem wehen Kopf (Erkältung) ein bissl am Buddhismus rumdenkeln.
- Es steht ja ganz außer Zweifel, dass „Leidenschaften, Abneigungen und Verwirrungen“ zentrale Ärgernisse im menschlichen Miteinander darstellen. Mich freut so ein immer mal wieder auftauchender Realismus in den großen Religionen.
-
Jetzt kommt es aber sehr darauf an, wie es weitergeht.

Wenn einer eine „Abneigung“ gegen Feuerbrände wegen Blitzeinschlags hat, tut er gut daran genau hinzuschauen und dem Ding eine theoretische Fassung zu geben. Und wenn die das Gesetz erfasst, kommt der Blitzableiter zu Stande.
Aus den Abneigungen gegen die Kälte, den Zahnschmerz und die Finsternis sind viele leidensmindernde Dinge hervorgegangen, auf die eine tat – twam - asi - Haltung nie gekommen wäre.

Die Religionen sind sich in ihrem Befund über unsere beklagenswerte Lage einig und ziehen daraus den Schluss, dass man dann eben in entlegene Sinnprovinzen emigrieren müsse. Eins soll überhaupt nicht gehen: die wissenschaftliche Alternative, mit den Verwirrungen aufzuräumen.

Die Gesetze des Zusammenlebens zu begreifen geht aber nur dann nicht, wenn man Gesellschaftswissenschaften (Soziologie, Wirtschaftreligion ... usw) studiert, an Stelle dessen, was die Leute wirklich tun. Ihr Rumgemurkse ernst genommen, erweisen sich ihre Leidenschaften als eben so große Motoren wie ihre Abneigungen und Verwirrungen, die nach einer Phase der Skepsis zur Entwirrung im Wissen führen.
Bloß weil wir nicht alles wissen, berechtigt das nicht zur Häme über die Nicht-Befassungswürdigkeit mit den Leiden der Verwirrten.
Ich kann ja den geistlosen Materialismus unserer „Kultur“ auch nicht leiden. Aber doch nur, weil er mir als aufgedrungener bewusst ist.

Deswegen sind mir die angeblichen Paradoxa, die der Dalai Lama entdeckt haben will, keine Einladung zu seiner Sorte Spiritualität. Beispiel: Unsere Zeit habe so viele Kommunikationsmedien hervorgebracht, aber man rede immer weniger mit einander. Und das soll ein Widerspruch sein, der in der Sache selbst liege und sich deswegen zu Fall bringe?

Dazu wäre zu sagen: man muss dem Mittel (Medium) schon erst mal den Zweck der allgemeinen Verständigung unterstellt haben, bevor ihm ein Verfehlen seiner Bestimmung angekreidet werden kann. Es steht aber bei der Ein-Weg-Kommunikation von vornherein kein gewaltfreies Geplauder im Programm, sondern ein VERABFOLGEN. Und das klappt doch hervorragend. Siehe Staatsrundfunk und Fernsehen von Kanal 1 bis 200.
Des dollen Lamas Anmahnung der Aufhebung eines Sinndefizits ist es, worauf das metaphysische Bedürfnis gerne hereinfällt, von der BILD bis zum Herrn Koch. So einig wie die sich sind, kann man getrost von einem gewollten 1000jährigen Reich der Sinn-Defizitler ausgehen. In ihm erscheint nämlich die Abwesenheit und der Mangel als Füllhorn alles rundum Befriedigenden.

30. März Transfer nach Gangtok (Sikkim)
Die Jeeps, mit denen hier der Personenverkehr vonstatten geht, sind in einem besorgniserregenden Zustand.
Statt eventuell vulkanisierter Reifen, weisen diese - fast durchgehend - kalt aufgeleimte Laufflächen auf.
Der Ersatzreifen, bei dem schon das Gewebe freiliegt, ist auf dem Dach untergebracht, damit auf dessen rückwärtiger Aufhängung noch ein weiterer Fahrgast sich verankern kann.
Es schaudert einen beim Nachzählen der Muttern, die den Reifen in der Laufrichtung fixieren sollen. Alles Quatsch, was der TÜV sagt. Vier von denen tun´s doch auch.
Der linke Außenspiegel fehlt bei den meisten Jeeps. Wenn er noch dran ist, dann deswegen weil dieser nutzlose Schnickschnack 24 Stunden am Tag nach innen geklappt ist.

31.März
Ausflug zum Kloster Rumtek. Das ist eine originalgetreue Nachbildung eines tibetischen Klosters, errichtet in den 60ern.

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Die Architektur streng, very basic.
Die Eingangshalle mit dekorativem Freskenprogramm:

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Ein sympathischer französischer Osho-Jünger, der den Meister noch mit zum Scheiterhaufen getragen hat und eine lovely english lady von ca. 70 Jahren waren mit von der Partie. Good company.
Bei den Gesprächen fiel mir auf, dass unsere Übersetzung von „conscience“ als „Bewusstheit/- sein“ wegen ihrer aufspaltbaren Objektgerichtetheit falsch ist. Dass in lateinisch conscientia die eigene Involviertheit in einem mit - gewußten Horizont gemeint ist, wird im Deutschen durch den lexikalisch schon - und anders - besetzten „Mitwisser“ verdeckt und verunklärt.
Na ja, Leute, ihr merkt schon, es regnet mal wieder, und Seine Merkwürden spintisiert sich mal wieder über die Stunde bis zum mail-Schreibseln, wo er seine Renate mit Worten streicheln geht.
Bei diesem nachmittäglichen Gewitterregen sind die Alternativen knapp.

01. April
Fahrt zum Tsomgo Lake, nahe der chinesischen Grenze.
Unserer war der 192. - per Permit zugelassene - Jeep
Das ehemals wohl heilige Gebiet glich also eher einem Jahrmarkt, den die Inder zum Rumbalgen im Schnee nutzten.

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Das Unwetter der letzten Nacht hatte den Fels sehr schön herausmodelliert. Kommt im Foto aber nicht so recht raus.

02. April
Was ich noch sagen wollte zu Sikkim.
Ganz Indien ist eine einzige Müllkippe. Da sticht Sikkim mit seinen strengen Umweltgesetzen angenehm dagegen ab. 5000 Rupien kostet es, wenn man beim Vermüllen der Abwasserkanäle erwischt wird, „oder 6 Monate Einsitzen oder beides.“ So kommt die Schweiz Indiens zu Stande.
Aber nur in der Werbung.
Wo nicht dransteht, dass hier eine „litter- and spitfree zone“ ist, sieht es tendenziell aus wie in Indien.
Ist aber doch ein vorsichtiges Aufatmen des Europäers zu konstatieren.
Hat das was mit dem ökologischen Bewusstsein des Buddhismus was zu tun.
Wie überhaupt die nüchterne Strenge des buddhistischen Tempels von Europäern dem Schmuddellook des Hindutempels vorgezogen wird, in dem es zugeht wie im anti-autoritären Kindergarten während der Malstunde. Da mischen sich die Farben mit den Speisegaben der morgendlichen Puja. Die Affen schmeißen mit dem ungekochten Reis rum, und den Tauben gefällt es da auch. Vom Blut der Opfertempel gar nicht zu reden.

03 April:
Langsames Zurückarbeiten in Richtung Kalkutta
Es ist unglaublich, wie fett man von der Keuschheit und den kargen Reismahlzeiten eines Mönchs werden kann.
Der Mönch in der roten Kutte neben mir im Bus nach Kalimpong war wohl auch einer, den seine Eltern zum Mönchstum verdonnert hatten, so unanständig breit wie der sich machte.
Kann aber auch sein, dass er auf dem Leib- und Magenspruch der Buddhies besteht, dass das Leben Leiden sei, und er mir das nachdrücklich zu bedenken geben wollte. Statt sich bescheiden – mit nach vorn fallenden Schultern – zwischen uns zu quetschen, verschränkte er die Arme vor der Brust. Mit blieb von meinem Sitz ein linkseitiges Drittel, das ich mit meinem Sitzbein umkreiste, weil ein - dem Sitzbein in seiner Oberflächengestaltung ähnliches Pendant - im Polster verborgen lauerte.
Erwähnenswert vielleicht noch, dass in Sikkim und in Westbengalen das sonst in Indien übliche aggressive Marketing völlig fehlt. Keiner, der dich mit freundlichen Worten überfällt, die sich als Einleitung zu einem Verkaufsgespräch herausstellen. Keiner, der dir ein „fuck you“ hinterher ruft, wenn du die Besichtigung seines Ladens ausschlägst, weil das heute schon die hunderste Anmache war.
Geschäftstüchtig ist man hier auf diskretere Weise. Vom Preis des Zimmers her durfte ich annehmen, dass ich „hot shower“ inclusive hätte. Die Wirtin versicherte mir das auch.
Leider lag da ein kleines „problem of communication“ vor.
Heiß und shower, ja, aber auf der Gangdusche, einen Stock tiefer, und nur abends zwischen 19 und 20 Uhr.
So geriet ich an das teuerste und zugleich schlechteste Zimmer meiner Reise.
Da hatte ich es wieder mal verdammt nötig, ein wenig zu buddhisteln:
-Cut your mind!
-Enjoy!
Sonst wäre ich doch glatt dem großen Dämon des unterscheidenden Gedankens erlegen, dem nicht alles Eins ist.
Mit festem Blick auf die Nicht-Zweiheit wurde ich gleichgültig der ungesunden Geistesverfassung gegenüber, die sich am liebsten mit einem kräftigen Sprüchlein der Abneigung verunreinigt hätte.
Um die Begierde nach der Welt und die Niedergeschlagenheit durch sie zu überwinden, begnügte ich mich mit einem situationsgerechten: SCHEISSE!

-3. – 4. April
Transfer nach und Einnisten in Kurseong
Es geht schön langsam auf die 40 Grad zu.
Leistete mir also den Luxus eines kühlen, sauberen, ruhigen Raums. Welch eine Köstlichkeit in Indien!

5. April
Gleich ist es 12:00 Uhr. Check-out time.
Dann werde ich ausgestoßen in die Welt eines permanenten Stress.
Runter also in die Gangesebene.
Außer profuser, kontinuierlicher Schweißproduktion war an diesem Tag nichts von mir zu erwarten.
Bei 40 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit ist das, als ob dir einer ständig einen nassen Waschlappen ins Gesicht klatscht. Einen warmen.

Aufatmen erst im klimatisierten Nachtzug von New Jalpaiguri nach Kalkutta.

06. April
Ankunft 6: 40 morgens in Kalkutta. Sich rumdrücken bis zur check - in time in einem flughafennahen Hotel.

Da strecken sich doch glatt welche im Strassendreck aus, längelang!
Vermessen sozusagen den Weg mit ihren ausgestreckten Leibern. Kreiden liegend ein Kreissegment vor sich auf den Asphalt, richten sich auf, gehen zu dem Strich, hinter dem sie sich wieder auf die Knie fallen lassen, dann auf die Hände, auf den Bauch.
Quer durch jede Pfütze, mitten durch den Straßenschlamm.
Von Zeit zu Zeit besprenkelt eine Begleitperson den Leibesübenden zur höheren Ehre eines Hindugottes. Kurz vor dem Erreichen des Tempels werden die Erschöpften mit Kübeln von Wasser auf ihren Rücken erfrischt.
Dann die „Squatter“ auf den ehemaligen Bürgersteigen!
Zwei Bambusstangen in den Rinnstein gepflockt, eine schwarze Plane drübergezogen und am Eisengitterzaun des begüterten Nachbarn jenseits des Bürgersteigs festgezurrt. Fertig ist das Eigenheim.

Litanei des Wartens
Auf den Flug bei feuchten 40 Grad.

Nach dem Einchecken im Hotel
sieht man mich auf der Bettkante sitzen, weil in einem Meter Entfernung, über dem Fernseher, ein Spiegel angebracht ist, und die Rasur nachgeholt werden muss.
Man sieht mich dem warmen Wind des Ventilators wollüstig hingegeben.
Man sieht mich mit unsäglich langsamen Bewegungen meine Sachen für den Flug sortieren.

Man hört mich so heftig meditieren, dass die Nachbarn Protest gegen die Wände trommeln.
Man hört mich mit dem Magen knurren, aber vor Sonnenuntergang verlasse ich nicht dieses Gebäude.
Man hört mich duschen und ganz schnell damit aufhören. Das Wasser hat mehr als Körperwärme.
Langsam rinnen die Schweißtropfen ins Laken und verzischen da.
Man hört mich murmeln: was war das doch so schön in der Waschküche der Berge, wo man morgens die klammen Kleider erst trockenwohnen musste.

Macchiavelli reloaded

June Mayer's sorgfältig dokumentiertes Buch “The Dark Side” demonstrierte jenseits allen möglichen Zweifels, dass der amerikanische Präsident, der Vize-Präsident, der Direktor der CIA und ihre engsten Mitarbeiter Kriegsverbrecher sind. Sie verletzten Internationales Recht, sie verletzten amerikanisches Recht und das Naturrecht.

Was hierzulande jeder wusste und weiß und ungerührt zur Kenntnis nimmt.

Der Unterschied zu etwelchen vor die Tribunale geschleppten Politikern ist der: eine siegreiche Macht über allen anderen Mächten und ihr Interesse über allen Interessen kann nicht der Jurisdiktion unterliegen, weil Il Principe es ist, der das Recht setzt.

Es tobe der moralische Eigendünkel noch so sehr.

Norman Mailer,
einer der „angry old man“ der amerikanischen Literatur meinte, Journalisten seien Leute, die fragen, ohne Antworten zu bekommen, und Politiker seien Leute, die antworten, ohne gefragt worden zu sein.
An diesem vergrätzten Idealismus stimmt nur das sich darin deutlich genug ausdrückende gesellschaftliche Verhältnis.

Und das ist ja wohl der klärenden Antworten genug.

Notwendigkeit
Die von allen gedankenlos dahergeschwätzte Unverzichtbarkeit der Liebe hat die Unumgänglichkeit des Hasses zur gewussten Grundlage.

Es ist doch bloß die Figurenperspektive des revolutionsmüden Danton , die auf ein „Was ist es, das in uns „lügt, hurt, stiehlt, mordet?“, kommt.

Vom Revolutionär Büchner aus gesehen ist das eine ganz falsche Frage, weil sie die Welt trennt in den Willen zu all dem. (Diese Handlungen wissen selbstverständlich auch ihre Gründe dafür.) Und eine getrennt davon existierende Verdoppelung, die sich ab sofort als das Tiefere ausgeben wird.
Diese Verdoppelung des Willens in seine Realisierung und einen Orkus, wo der Totenrichter schon seine Robe zurechtzupft, hat ohne Not einen ganz neuen Gegenstand kreiert, der vom Thema endgültig wegführt.

Sonntag, 11. April 2010

Klischeekritik

lebt von der hartnäckigen Unterstellung der Kulturpflegerei, es liefen im Großen des Ganzen lauter Leute herum, die keine Abziehbilder wären.

Museen
Auch der museale Kulturschutz hat seine Meriten.
Seit die Feuerländer seinerzeit unter den Schutz der Salesianer – Mönche gestellt wurden, gibt es sie nicht mehr.

Mineralienkunde
Der holt sich beim Streicheln blutige Finger, der den Kristall eines Kinderherzens zerschlug.

Samstag, 10. April 2010

Kalkutta, Darjeeling, Sikkim II

21. März: Transfer nach Darjeeling
Der ruckelige Nachtzug von etwa einem Kilometer Länge versuchte 12 Stunden lang, uns das Fleisch von den Knochen zu schreddern.
Dabei durchschukkelte er auf 670 Kilometern maroder Trasse die Schwemmebene des Ganges. Damit man sich das auch vorstellen kann: das ist etwa die Entfernung von Ulm bis Hamburg, und zwar durch eine topfebene Plaine.
Die Sammeljeepfahrt von New Jalpaiguri nach Dajeeling versorgt einen mit mehreren tüchtigen Portionen Adrenalin. Es geht da nämlich aus der Gangesebene in die Vorberge des Himalaya. In drei Stunden über 2000 Höhenmeter rauf. Damit man sich das vergleichsweise vorstellen kann: Der Brennerpass beginnt erstens höher und endet sehr viel tiefer.
Dabei fuhr der wahnsinnige Chauffeur auf einer Art gerodeter Wildnis, die hier als Straße gilt.

Habe einen interessanten Dialogfetzen zwischen einem Idealisten und einem waschechten Amerikaner aufgeschnappt:
- “They can bomb the world to pieces but not to peace.”
- “Right so! But to peaces
.”

22. März
Vormittags die Jagd nach dem Sikkim - Permit.
Steil runter zum Magistrat zwecks Beantragungsformular, dann steil rauf zum Foreign Registrar, damit auch ordentlich Buch geführt wird, was alles wo so rumläuft, dann wieder steil runter zum Magistrat, den Laufzettel abgeben und das Permit einsacken. Rauf, runter meint jeweils 100 Höhenmeter und nicht etwa Kafkas Stiegenhäuser.
Darjeeling hatte ich mir anders vorgestellt.
Gib zu, dass dir schon beim Hören von Worten wie Mandalay oder Timbuktu irgendwie ganz anders wird, wie eben bei Darjeeling auch.
Ist das aber ein schwerer Fehler, dieses Sich – Vorstellen.
Soll man nicht machen.
Jenes Flair von Expeditionsaufbrüchen, von dem dieser Ort ehemals umweht war, ist dem Abgasgestank unzähliger, sich wechselseitig immobilisierender Jeeps gewichen. Wenn man in der Nase bohrt, erzielt man den selben schwarzen Popel wie in Kalkutta.

Ach ja, und dann diese novemberliche Friedhofsstimmung. Seltsam im Nebel zu wandeln...der hoffnungsvoll angelaufene buddhistische Tempel war natürlich dicht.
Dichter noch als der weltuntergangsähnliche Nebel, aus dem Gestalten auftauchen und wieder verschwinden, so gespenstisch wie im normalen Leben auch.

Es dichtelt in mir:

Das Ende ist bekannt.
Der Weg dahin aber unbekannt.

Oh über euch von euerem Links- oder Rechtstum
So gnadenlos Überzeugten!
Ministranten eines Dienstes ad majorem gloriam
Eines euch unbekannten Gottes!

Ich sage euch:
Das Ende ist bekannt.
Der Weg dahin aber unbekannt.

Also richtet euch gefälligst danach!

Wie der meinem Aufgeschreibsel Geneigte liest, habe ich ein hochprozentiges Kingfisher (Beer) zu viel intus.

23. März
Das Bhutia-Busta-Kloster hat keine Berührungsscheu, was andere Glaubensartikel betrifft. Eine derart bunte Mischung aus tibetischem Buddhismus und Hinduismus ist mir in solch zügellosem Synkretismus noch nicht begegnet.
Motto: Wenn es dir hilft, greife nur zu...

Mir geht da was ganz Undogmatisches auf:
Es gibt Anbeter des weiblichen Schoßes, und wieder andere beten zum heiligen Sankt Teflon, ... und die Idolproduktion ist ihrem Wesen nach unbegrenzt.
Des Menschen Gutdünken ist sein Himmelreich. Dieser schäbige Dogmatismus lässt sich weder vom Augenschein, noch durch Argumente beeindrucken. Sondern schnickt gleichgültig jedes Wissen wie Rotz vom Ärmel. What´ s in a name?

Dass alles Benannte Schall und Rauch sei, kann trotzdem nicht stimmen. Selbst unter einem ganz anderen Namen würde die normale Ausbeute eines – sagen wir mal – "memokratischen Mamitalismus" denen, die ihm ausgeliefert sind, gewaltig stinken.

Nachmittags Bummel durch die Teeplantagen unterhalb des asphaltierten Darjeeling.
Das ist da, wo es keine Plastikflaschen mit Mineralwasser - von Pepsi oder dem anderen Colakonzern - mehr zu kaufen gibt.
Kapuzinerkresse, Zimmerlinde (rot), Engelstrompeten, Magnolien und Amaryllis. Stellenweise. In Indien gibt es kein großflächiges Frühlingsereignis wie bei uns. Frühling tritt sporadisch in Einzelexemplaren auf.
Kleine Herzenserhebung.

24. – 28. März: Singalila - Treck
Transfer zum Ausgangspunkt Maneybanjyang.
Habe dort einen Guide zu nehmen. Denn der Treck führt an der indisch-nepalesischen Grenze entlang, und nur der Guide sichert dem Wanderer unbehelligte Grenzverletzungen in beiden Richtungen.
Die Idee des Trecks war: ich schwinge mich über die Höhenrücken nach Norden zur Grenze von Sikkim, linkerhand die schneebedeckte Kette des Himalaya vom Mount Everest bis zum Kangchendzönga. Wäre das durchaus ein Ding gewesen, wovon man noch den Enkelchen hätte erzählen können.
Stellte sich aber heraus, dass das Unternehmen fast zu der Nichtigkeit eines netten Einfalls zusammensank: Fünf Tage Schinderei in einer Waschküche.
Nach den ersten 1000 Höhenmetern, in Tumling kann ich mir auf einem Poster anschauen, wie schön der Kangchendzönga von hier aus wäre.
Zur Friedhofsatmosphäre passt die Totenzeremonie, die von fünf Mönchen in einer Wohnung zelebriert wird, mit einer Art Alphorn und einer weißen Seidenrolle. Ohne dieses rückversichernde Ritual würde die herumirrende Seele wohl nicht dort hinfinden, wo sie hingehört.
In Gairibas kommt dann mal wieder alles zusammen.
Zitterschauer im Schweiße meiner Erschöpfung, in Decken, die deutlich nach nassem Hund ganz hinten riechen. Neben meinem Bretterverschlag (Zimmer) ist die reichlich genutzte Toilette der einzigen Lodge hier an der Grenze.
Die Matratze ist steinhart und wird mir die Hüftknochengegend hübsch einbläuen.
Das Kissen wurde seinerzeit mit Sand gefüllt.
Im Stockwerk drüber randalieren zwei Besoffene zum großen Vergnügen der restlichen ´locals´.
Aus dem Küchenstockwerk darunter dringt der Qualm der offenen Feuerstelle und arbeitet ätzend an der Förderung meiner Bronchitis.
Das einzige Gute: es ist und bleibt draußen, was da so regnet und stürmt.

Und das alles ohne den Sauerstoff eines Buches, der einen vor geistiger Ödembildung schützen könnte.

25. März
Über Kalapokhari (= black lake) durch weiße Magnolien und rote Rhododendron – Bäume nach Sandakphu (3 636).
Schon um 10 Uhr trübt sichs wieder ein, und mein Panoramaweg zeigt nur noch die Naherlebnisse der Seidelbastbüsche.
Geneigte Freunde meines Aufgeschreibsels: ihr habt nichts verpasst.

26.März Schöner Tag.
Über klassisches Weideland nach Phalut (3600 Meter).
Ich verteile ich mich begeistert von hier bis nirgendwo.
Immer dran denken: Suche ist keine Finde.

Man hätte ja den abendlichen Reis mit Linsen zum candle-light-dinner ausgestalten können... aber nein, es blieb wie üblich bei der Feuerstelle als einziger Lichtquelle.
Nach der stürmischen, durchhusteten Nacht um 5:40 Uhr ein Sonnenaufgang mit Kangchendzönga.
Also da habt ihr aber nun wirklich was verpasst!

Da oben sollen also die Götter wohnen.
Und wenn man dieses von keinem Menschen je betretene Reich aus Schnee und Eis so sieht, dann lokalisiert man unschwer alle Suche des Menschen nach dem Ort seiner Sich - selbst - Unbekanntheit genau dort oben.

27. März
Halbtot nach der zweiten - so gut wie schlaflosen - Nacht.
Body an Zentrale:
„Weißt du eigentlich, was du da machst? Hast du noch alles im Griff? Ich mache ja sonst alles gutwillig mit, aber langsam kommen mir so meine Zweifel, ob nicht besser ich das Regiment hier übernehmen sollte.“.
„Mach doch, mach doch! An mir sind noch ganz andere gescheitert.“
„Na ja, was geht das mich an. Das geht mich gar nichts an. Es war ja bloß die Red´ davon...“

Und so sind wir beiden einträchtig diesen wunderbaren alten Porter-Weg an der Grenze zu Sikkim runtergeschwebt. Von den knorrigen alten Zauseln von Bäumen in der Kampfzone, über einen Bambusgürtel in die Ökumene, wo die Erbsen erst knöchelhoch waren und dann in der Zeitlupe des Abstiegs sich hochreckten zu Blüte und Frucht.
Das Gehen in den Vorbergen über 3000 Metern hat was Besonderes. Es ist schön warm und es weht einen über die Weiden.
Kein Zaun!
Die einzige Grenze bist du selber. Und so schlenkerst du deine Beine immer hübsch an der Hindernisgrenze entlang: autark. Das Entscheidende und Durchschlagende in der Angelegenheit bist du, und nicht die Durchschlagskraft deines Geldbeutels.
In den Tälern drunten ist mit deiner Geburt schon alles entschieden. Der Arier blickt auf den Adivasi herab, der Adivasi auf die Fremdarbeiter aus Tamil Nadu usw. in den Rassismen, die dem Einzelnen als dessen Naturqualität zur Last legen, was sie an ihm verbrechen.

Während der verfallene Porterway an der nepalesischen Grenze größtenteils auf die parallele Jeep-road zurückgreifen musste, und damit der Charakter des Trecks grundlegend verändert ist, bleibt hier die „lange Zeit“ der entlegenen Gebiete erfahrbar.
Solche Wege sprechen in jedem von Menschenhand gesetzten Stein von den bedachtsamen Jahrhunderten vor uns, die keineswegs ausgerechnet auf uns als Sinngebung ihrer Tätigkeit gewartet haben.
Der Finalitätskonstruktion jedes christlich inspirierten Geschichtskonzepts wohnt die Grausamkeit inne, dass auch die nächste Generation nur als verfehlter, oder eingeholter Sinn zugelassen ist.

28. März
Schildere ich mal zur Abwechslung ein bisschen den Transfer zurück vom Treck nach Darjeeling.

Dass die Berge aber auch so steil sein müssen!
Ein menschliches oder technisches Versagen, und man kommt mehrere hundert Meter tiefer als gut durchgerührtes Mus unten an. Die meisten Verkehrsunfälle gehen übrigens auf das Versagen der Bremsen zurück.
Dem Fahrer des 14 Personen enthaltenden 10-Personen-Jeeps muss Ähnliches durch den Kopf gegangen sein, als er gleich hinter einer schwanken Hängebrücke aus Holz anhielt, um sich im Dorf Lodohna einen riesigen Mutternschlüssel zu besorgen. Die Insassen des Jeeps verteilen sich derweil in der näheren Umgebung.

Aufbocken, Rad ab, Radaufhängung ab, Auseinandernehmen der Kugellager und deren Schmierung...usw.

Derweil widme ich mich der Besichtigung der örtlichen Sehenswürdigkeiten. Ein Hahn stolziert auf der Dorfstrasse hin und her. In Wahrnehmung seiner Pflichten bestiftet er in den 2 Stunden Reparaturzeit sieben arglos herumpickende Hennen. Eine kesse Taube, die vor ihm aufreizend herumscharwenzelte, würdigt er wohl einer längeren Überlegung, entscheidet jedoch schließlich, dass die nicht zu seinen Amtspflichten gehört.

In einem der Geschäfte, deren Ladenfront aus Luft besteht, haben sich munter zwitschernde Schwalben eingenistet und dulden die Gegenwart von Menschen und unbrauchbarem Gemüse, buntem Papiertütenzeugs und Stoffballen.

Das also waren die Highlights von Lodohna.

Mittlerweile schlossen auch andere Jeeps auf. Einem entquollen 2 erboste Leipziger, die sich für 1300 Rupien pro Tag unter einem "privaten Jeep" etwas anderes vorgestellt hatten, und ihrem Anspruch auf "privatness" auch Recht verschaffen würden oder zumindest Preisreduktion!
Typische Deutsche, das. Die lassen einen alten Opa im Bus stehen, weil ihre Göre genau das selbe gezahlt hat und deswegen einen Anspruch auf einen Sitzplatz hat. Geld - Leistung - Recht. So schlicht ist der Rechtschaffene gestrickt.
So ganz anders die Mitreisenden, die den Eindruck machen, sie hätten sich zu einer längeren Reise entschlossen, und da gibt es viel zu erleben und zu lachen.
Der Fahrer z.B. hängt sowieso mit einem Drittel seines Oberkörpers aus dem Fenster rechts, neben sich drei weitere Fahrgäste. Steuert also mit der Linken den Wagen, während er mit der Rechten fast ununterbrochen mit dem Handy arbeitet. Damit erledigt er nämlich sein Transportunternehmergeschäft. Mit der dritten Hand bohrt er in der Nase, pfeift sich eine Tüte Betelnüsse ein oder zündet sich eine Zigarette an.
Gelegentlich unmotiviert scheinende Stops betreffen die An- und Ablieferung von Frachtgut, das zwischen den Beinen der Mitreisenden hervorgewühlt oder dazwischen verstaut wird. Wenn weit und breit keine menschliche Behausung zu sehen ist, handelt es sich um den Stop an einem Natur- "Urinal".
Bei der Gelegenheit entdecke ich drei weitere Reisende oben auf dem Dach des Jeeps. Später wird noch ein weiterer auf der hinteren Stoßstange mitfahren.
Das alles ist hochinteressant und aus den Schwätzchen des Fahrers mit seinen Geschäftsfreunden und begegnenden Jeepchauffeuren erfährt man doch wenigstens etwas, das dann gebührend beredet werden muss.
Man macht also eine Reise im Bewusstsein, dass das Ziel feststeht und auch gar nicht vermeidbar ist. An die Erbringung einer Dienstleistung mit Rechtsanspruch laut Gewerbeordnung, Paragraph sowieso, usw. denkt hier keiner.

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