Einen guten Hasser
des Gemeinplatzes muss man einfach lieben, oder: Vorm Anruf des Absoluten platzt der Bourgeois vor Gemeinheit: Léon Bloy (1846 – 1917)
Vorsicht, Literatur!
MAN KANN NICHT ALLES HABEN
Richtig; zumal man ja schon das Gesetz auf seiner Seite hat....Darüber hinaus auch noch den Rest fordern hieße das Weltall verschlingen wollen. So ist der Bürger nicht. Verächter des Unendlichen und des Absoluten, weiß er sich zu beschränken. Wer wüsste es besser als er? Von Kind auf sorgt und arbeitet er einzig für die Errichtung von Schranken allenthalben.
Und man beachte die Mäßigung diese Gemeinplatzes. Es heißt nicht: man soll nicht, sondern: man kann nicht. Der Bürger sollte natürlich alles haben, da ihm ja alles gehört, doch kann er nicht alles packen und festhalten, seine Arme sind zu kurz.....
Nicht alles haben! Welches Verhängnis! Ich frage mich nur, wie dies Wort, diese gleichsam übernatürliche Beschwerde, die von Millionen Mäulern ohne Unterlass zu den Gestirnen empordringt, nicht die Gewölbe des Himmels zum Bersten bringt!“
ES KÖNNEN NICHT ALLE REICH SEIN
Scheint zunächst weniger absolut als der vorige, hat aber den Vorzug größerer Präzision. Im Grunde sind beide vollkommen identisch. Es lag daher nahe, sie nebeneinander zu stellen, sie zusammenzubringen, um zu zeigen, dass sie beide die gleichen Gefühle, die gleichen Gedanken wecken.
Denn hier muss es endlich gesagt werden, die Sprache der Gemeinplätze, die erstaunlichste aller Sprachen, hat, wie die der Propheten, die wunderbare Eigenschaft, immer dasselbe zu sagen. Da der Bürger, dessen Privileg sie ist, nur über einen ungemein bescheidenen Ideenvorrat verfügt, wie es sich schickt für einen Weisen, der mit einem Mindestmaß geistiger Tätigkeit auslangt, begegnet er diesen Ideen notwendig auf Schritt und Tritt. Wer dies nicht zu schätzen versteht, tut mir leid. Sagt etwa eine Bürgersfrau: „Ich lebe nicht in den Wolken“, so darf man überzeugt sein, dass sie damit alles sagen will, alles sagt und gesagt hat, endgültig und für immer..
Was ich an diesem Ankläger liebe, ist eine leicht zu machende Beobachtung: heute weiß ich schon nicht mehr, was gestern im Fernsehen war. Léon Bloys Bellen hingegen haftet.
Unheimlich ist, dass in all dem Geschwätz und Schund, in dem man vor dem Fernseher versumpft, versandet und langsam auf den Wohnzimmerteppich ausrieselt, man einer beständigen Apologie von Staatsanwälten und Teufelsarschküssern beizuwohnen glaubt. Der Teufel hörte übrigens während all der langen Weile vor dem Fernseher all dem zu „in einem furchtbaren Schweigen.“
An diesen Teufel glaube ich sogar, dem haben wir alle schon die Hand gedrückt.
Meine Sympathien gelten dem Ankläger, der immer im Recht ist, das er nie bekommt. Der Mann ist buchstäblich mitten in Paris verhungert.
Dem Abstrakten des Absoluten abhold, schätze ich in ihm den hellsichtigen Verfolger todbringender Abstrakta. Das ist bis auf den heutigen Tag kein Popanz, was als MAN das Tun durchgeistert. Es heißt nur anders.
MAN...
Was ist dieses Man für den Bürger tatsächlich? Ist dieses von ihm beständig angerufene Abstraktum vielleicht der unbekannte Gott? Man kennt diesen Menschen nicht, Man liebt ihn nicht, Man hat ihn niemals gesehen, Man hat ihn oft genug gesehen. Gibt es treffendere, wirksamere Verdammungsurteile? Dieses Man verdichtet und belebt. Man kennt Sie gut, Man weiß ja, wer Sie sind, Man räumt Ihnen Kredit ein.
Jedesmal, wenn der Bürger spricht, klingt dieses geheimnisvolle Man, als würde ein Geldsack schwer auf den Boden gestellt in einem Nachbarzimmer, wo jemand umgebracht wurde.
Aus seiner „Exegese der Gemeinplätze“
Tja, und das wars auch schon wieder.
Die nächste Woche bin ich treuloser Verfechter meiner Sache in Südtirol.
Ich kann nämlich meine geduldige Renate nicht nur immer bloß mit Worten per e-mail streicheln. Auch in unserem Alter tut Praxis not.
Ich melde mich bestimmt noch mal vor Sri Lanka.
Vorsicht, Literatur!
MAN KANN NICHT ALLES HABEN
Richtig; zumal man ja schon das Gesetz auf seiner Seite hat....Darüber hinaus auch noch den Rest fordern hieße das Weltall verschlingen wollen. So ist der Bürger nicht. Verächter des Unendlichen und des Absoluten, weiß er sich zu beschränken. Wer wüsste es besser als er? Von Kind auf sorgt und arbeitet er einzig für die Errichtung von Schranken allenthalben.
Und man beachte die Mäßigung diese Gemeinplatzes. Es heißt nicht: man soll nicht, sondern: man kann nicht. Der Bürger sollte natürlich alles haben, da ihm ja alles gehört, doch kann er nicht alles packen und festhalten, seine Arme sind zu kurz.....
Nicht alles haben! Welches Verhängnis! Ich frage mich nur, wie dies Wort, diese gleichsam übernatürliche Beschwerde, die von Millionen Mäulern ohne Unterlass zu den Gestirnen empordringt, nicht die Gewölbe des Himmels zum Bersten bringt!“
ES KÖNNEN NICHT ALLE REICH SEIN
Scheint zunächst weniger absolut als der vorige, hat aber den Vorzug größerer Präzision. Im Grunde sind beide vollkommen identisch. Es lag daher nahe, sie nebeneinander zu stellen, sie zusammenzubringen, um zu zeigen, dass sie beide die gleichen Gefühle, die gleichen Gedanken wecken.
Denn hier muss es endlich gesagt werden, die Sprache der Gemeinplätze, die erstaunlichste aller Sprachen, hat, wie die der Propheten, die wunderbare Eigenschaft, immer dasselbe zu sagen. Da der Bürger, dessen Privileg sie ist, nur über einen ungemein bescheidenen Ideenvorrat verfügt, wie es sich schickt für einen Weisen, der mit einem Mindestmaß geistiger Tätigkeit auslangt, begegnet er diesen Ideen notwendig auf Schritt und Tritt. Wer dies nicht zu schätzen versteht, tut mir leid. Sagt etwa eine Bürgersfrau: „Ich lebe nicht in den Wolken“, so darf man überzeugt sein, dass sie damit alles sagen will, alles sagt und gesagt hat, endgültig und für immer..
Was ich an diesem Ankläger liebe, ist eine leicht zu machende Beobachtung: heute weiß ich schon nicht mehr, was gestern im Fernsehen war. Léon Bloys Bellen hingegen haftet.
Unheimlich ist, dass in all dem Geschwätz und Schund, in dem man vor dem Fernseher versumpft, versandet und langsam auf den Wohnzimmerteppich ausrieselt, man einer beständigen Apologie von Staatsanwälten und Teufelsarschküssern beizuwohnen glaubt. Der Teufel hörte übrigens während all der langen Weile vor dem Fernseher all dem zu „in einem furchtbaren Schweigen.“
An diesen Teufel glaube ich sogar, dem haben wir alle schon die Hand gedrückt.
Meine Sympathien gelten dem Ankläger, der immer im Recht ist, das er nie bekommt. Der Mann ist buchstäblich mitten in Paris verhungert.
Dem Abstrakten des Absoluten abhold, schätze ich in ihm den hellsichtigen Verfolger todbringender Abstrakta. Das ist bis auf den heutigen Tag kein Popanz, was als MAN das Tun durchgeistert. Es heißt nur anders.
MAN...
Was ist dieses Man für den Bürger tatsächlich? Ist dieses von ihm beständig angerufene Abstraktum vielleicht der unbekannte Gott? Man kennt diesen Menschen nicht, Man liebt ihn nicht, Man hat ihn niemals gesehen, Man hat ihn oft genug gesehen. Gibt es treffendere, wirksamere Verdammungsurteile? Dieses Man verdichtet und belebt. Man kennt Sie gut, Man weiß ja, wer Sie sind, Man räumt Ihnen Kredit ein.
Jedesmal, wenn der Bürger spricht, klingt dieses geheimnisvolle Man, als würde ein Geldsack schwer auf den Boden gestellt in einem Nachbarzimmer, wo jemand umgebracht wurde.
Aus seiner „Exegese der Gemeinplätze“
Tja, und das wars auch schon wieder.
Die nächste Woche bin ich treuloser Verfechter meiner Sache in Südtirol.
Ich kann nämlich meine geduldige Renate nicht nur immer bloß mit Worten per e-mail streicheln. Auch in unserem Alter tut Praxis not.
Ich melde mich bestimmt noch mal vor Sri Lanka.
gitano - 15. Okt, 08:20