Samstag, 18. September 2010

Norwegenbummel (Oslo/Bergen/Flåm/Voss/Mjölfjell/Geilo/Oslo)

Materialien zu einem Bericht

NATURschwärmerei

Es gibt ein Hostel namens Mjølfjell. Und an der Bergenbahn liegt eine Station gleichen Namens. Da denkt man doch, diese beiden Dinge stünden in einer näheren Beziehung zueinander.
Ach, meine Freunde und innigst geliebte Feinde, wir alle haben weit gefehlt. Um genau zu sein: um 6,5 km.
Zunächst ist da erst mal keiner da, den man fragen könnte, in welcher Richtung denn nun das Vandrerhjem liege. In die Wildnis hinein gibt es da mehrere Möglichkeiten.
Ah, da hinten stehen zwei legginsbestrumpfte Softshells über eine Karte gebeugt.
Hier sind wir und da geht’s hin und:
- „You choosed a very fine day.“
- “Can´t remember! Must have choosen me. Accidentally.”
Das ist aber auch ein Tag, um den Weg unter die Füße zu nehmen!

Windstille Bläue.
Die Fichtenzeilen jenseits der Seen kippen in die Spiegelfläche. Die schöne Welt gleich noch einmal.
In den verlandenden Blänken zahllose kleine Spinnennetze, aus denen die Tautropfen blitzen.
Und die vom Alkohol aufgeweichten Muskeln haben inzwischen wieder ihre Spannkraft aufgebaut: es läuft sich gut in das Birkenlichtgeriesel hinein. Wie gut, dass es mich gibt, und wir einander haben!
Mittags dann Aufbruch zu einer wunderbaren Tour zu - und um -einen See südwestlich des Hostels. Bei dessen rechtsseitiger Umrundung kommt man an einen Punkt, wo die Szenerie jenseits des Sees die Beine spreizt, und du gehst einfach in Richtung mons pubis weiter, wenn der Pfad sich verliert.
Die Schafe blöken empört. Dabei latsche ich noch nicht einmal in ihrem Essen herum und verzehre nur Preiselbeeren, Blaubeeren und Himbeeren.
Das Geschlecht der Liegenden mit den gespreizten Oberschenkeln entpuppt sich als Schlucht, aus der es reichlich in den See wässert. Problem: schmerzhaft mit nackten Füßen über die glitschigen Steine furten, oder an der engsten Stelle, welche die tiefste und reißendste zu sein pflegt, einen Sprung riskieren. Bubenkünste!

Dann der Aufstieg zum nächsten See durch den Birkengürtel. Der Auslauf des oberen Sees stürzt sich fächerförmig über Stufen.

Ringsum die greisen Häupter der Berge ebnen sich ein zu einer sanft dahingleitenden Linie. Das 360 Grad Panorama, eine unaufhörlich dahinrollende Woge...
Dieser Linie wegen werde ich immer wieder nach Skandinavien gehen.
Bin hoffnungslos in sie verschossen.
Ich hab sie in mein Herz geschlossen.
Den Schlüssel hab ich weggeschmossen.

Und wenn ich sterbe, kann ich euch jetzt schon meine letzten Worte verraten: „Die Linie, die Linie...“

Den Kartenpunkt 1204 steuere ich weglos durch Rentierflechte und vertrocknete Moose an. Außer mir keiner da im weiten Rund. Und wer es noch nicht weiß, dem verrate ich es jetzt, was mir die Natur da oben geflüstert hat:
Ich bin nicht von ungefähr weiblichen Geschlechts. Ich will gar nichts von dir. Im Grunde bist du mir vollkommen gleichgültig. Wenn du es aber raus hast, wie ich genommen sein will, gebe ich dir alles, was du dir mir gegenüber herausnimmst.“

Fahrt mit dem Expressboot in den Sogne-Fjord hinein nach Flåm:
Das ist eine Fjellwanderung, ohne dass man auch nur ein Glied rühren müsste. Man schwebt erst in einer verwirrenden Schärenlandschaft herum und hofft, dass der Kapitän schon wissen wird, was er da treibt.
Es wird immer dramatischer, wenn der Fichtenwaldgürtel über sich hinausführt in das krönende Kahlfjell, auf das eine Zunge des Jostedalgletscher herablappt.
Was soll man sagen? Wenn einer mit Wärme von seiner Liebe spricht, erkaltet der Zuhörer augenblicklich, und sein Blick beginnt ziellos, aber hilfesuchend, umherzuirren.
Daher nur soviel zum Charakter der Fjordwände:
Sie sind Schürfwunden. Die rissigen Schrunden im Fels glänzen von den Schmelzwassern der Schneefelder. Im grauen Grind sprießt Grün in den Spalten und Bändern.
Und dieser uralte rissige Schorf gibt einem das Vertrauen zurück, dass es auch Heilung gibt für diesen hier herumstrawanzenden Haufen wild gewordener Moleküle.
Das Leben ist eben nicht eine langsam verblutende Wunde.
“I've never seen a sight that didn't look better looking back
I was born under a wandrin' star

Life can make you prisoner and the plains can bake you dry
Snow can burn your eyes, but only people make you cry
Home is made for coming from, for dreams of going to
Which with any luck will never come true
I was born under a wandrin' star.”


Wer mehr oder gar anderes über die Spezifika der Liebe zur norwegischen Natur erfahren will, der gehe hin und versuche es doch selbst einmal.

Zur Mythologie der Linie
Wenn man oberhalb von Bergen auf dem Ulriken steht, hat man im Westen das Flachrelief der Schären und der noch "jungen" Fjordlandschaft vor Augen. Das Charakteristische des Prospekts ist die elegante Verflochtenheit der Linien.

Man begreift: die Linie ist keine Begrenzung.
Umgekehrt: ohne sie wäre das andere nicht. Sie ermöglicht es in ihrem tastenden Suchen. Hat sie sich irrtümlich festgelegt, wird sie es das nächste Mal besser machen.
Im Grunde gibt es sie ja gar nicht. Sie ist das, was beim Aufeinanderstoßen der Felder passiert.

Und diese Spannungsverhältnisse in ihrem Schwung!

In fernöstlichen Tuschlandschaften auf Seide wird Geschehnis, was ich meine. Da wächst etwas aus dem Nichts und verweht. Alles Dichtere mehr Wolke als feste Greifbarkeit.

Das Gegenteil davon: der Klecks.

Der Klecks hat in dieser Welt nichts weiter vor, als sich in seiner Kleckshaftigkeit zu befestigen und eventuell mehr aus ihm selbst Gleichartigem zu werden. Er kann sich gar nicht vorstellen, dass es etwas geben könnte, das sich selbst voraus ist.
Aber das geht doch gar nicht!“ sagt Seine Klecksität ernst und mit besorgtem Blick auf die Linie.
Sich selbst voraus zu sein, ist aber die Bedingung dafür, einen Klecks durchqueren zu können. Die schwarze Linie entwirft sich in die schwarze Klecksität und braucht dem Projekt dann nur noch zu folgen. Sie läuft sich buchstäblich selber nach.
Der Klecks selber merkt davon gar nichts, dass etwas optisch mit ihm Identisches ein von ihm Unterschiedenes sein solle. Bislang waren noch alle eingemeindeten Kleckse genau so klecksig wie er.

An seinem anderen Ende der Durchquerung angelangt entwirft sich die Linie erneut ins Freie und läuft sich ins Offene nach.

Als seinerzeit die Amphibien sich aus dem Wasser warfen, mussten das genau solche verspielten Typen gewesen sein.

Von einer, die es wissen muss, habe ich auf der Kunstmeile von Bergen die Bestätigung erfahren, dass dem im Ästhetischen genau so ist. Der norwegischen Künstlerin des abstrakten Expressionismus, Anna-Eva Bergman , war eine Ausstellung ihrer Zeichnungen gewidmet.
Eine andere, die sich in solchen Sachen auskennt, meint - und damit sind wir schon Drei! - zur geschwungenen, ausladenden Linie:
Die Kurve ist die schönste Linie zwischen zwei Punkten. (Mae West)


Norwegische Menschenkünste
Bei so viel Unterschiedlichem im Bereich der Ars und der griechischen technê muss man einfach sortieren. Und vielleicht ist ja die bloße Technik doch etwas anderes als die Kunst. Mal nachschauen.
- Das geht schon los beim Hammer als Waffe der alten Wikinger. Seine Verhimmelung: der Hammer in der Hand des Gottes Thor.
Die damit verbundene Militärdoktrin, dass ein Gegner, dem man mit einem seitlich geführten Streich in die Kniegegend das Knie gebrochen hat, als kampffähiger Feind nicht mehr in Betracht kommt, gehört eindeutig in den Bereich der Techne.

- Magnus Hakonarson Lagaboetir (‚Gesetzesverbesserer'), König von. Norwegen 1263-1280 ließ aufschreiben: „Sollte ein christlicher Haufen oder sonst einer zur Strafe der sündigen Menschheit uns in kriegerischer Absicht heimsuchen, werden wir dem Ruf unseres Königs zu den Waffen folgen.“ Das gehört eindeutig unter die Rubrik der Herrschaftstechnik. Vor allem, wenn man den Einzelheiten der staatlichen Sicherheitsvorkehrungen nachgeht. Je nach Einkommenslage mussten diese Armen im ersten Jahr ihrer Erwerbsfähigkeit sich eine Axt zulegen, im zweiten einen Schild, im dritten eine Lanze.
Man beachte die Reihenfolge! Ein vernünftiger Mann hätte mit der Distanzwaffe Lanze angefangen, sich dann einen Schild zugelegt, und erst ganz zum Schluss die Axt. Aber es geht ja nicht um deine Sicherheit, sondern um die Verteidigung deines Herrn.

- Norwegen ist im Designbereich ein sehr produktives Land. Die Museen in Oslo und Bergen zum Thema Gebrauchskunst sind hervorragend sortiert, und man nimmt an Regentagen belustigt zur Kenntnis, dass die industrielle Fertigung von Kunst-Affinem und das Kunsthandwerk so manches hübsche Elaborat für die unterschiedlichsten Geldbeutel hervorbringt. Vielleicht sollte man aber doch darauf bestehen:
Guter Geschmack ist der Feind der Kreativität.“ (Pablo Picasso)
- Da lobe ich mir doch die Straßenkunst eines Dolk.
http://gategallerier.blogspot.com/search?q=Dolk
(Nach Aufruf des links zum 13. Mai 2010 scrollen!)
Der Gefangene, der sich in diesem Schablonengraffitti auch noch eigenhändig stigmatisiert!
Oder ist er einfach der normale Trottel, der seine Freiheit negiert, um mit seinen angeblichen Fesseln zu kokettieren?
In beiden und allen noch denkbaren Fällen wird von der grundsätzlichen Freiheit ein sehr fragwürdiger Gebrauch gemacht.
Denk mal an!

- Vor dem Friedensnobelpreis-Gebäude zu Oslo steht eine Installation. Ein Neonlichtschriftzug hebt intermittierend LAUGHTER oder S/LAUGHTER hervor.
Gut, es gibt keine komplexere Moral, die auf diesen grotesken Zusammenhang noch nicht verfallen wäre. Was es also mit der Sozialkritik in der Kunst auf sich hat, kann man dem Leuchtband, das zwischen Spaß und Schlächterei im fun hin und her zuckt, entnehmen.
Sicherlich hat diese Installation etwas gegen das bewusstlose Einstimmen ins „konsentierende FUN-dom“, aber aufzuckende Freude über diesen blutigen Witz unter Einverständigen ist schon das ganze selbstbezügliche Ergebnis.
Es ist die Kunst der konformierenden Asozialen, die keine fünfzig Schritte weiter den letzten Friedensnobelpreisträger bedenkenlos feiert. Der Grund für die Wahl Obamas als den letzten Preisträger ist die hiesige Ideologie eines überkommenen, gnadenlosen Sozialismus. Und die nimmt seit jeher (also seit Lenins Ausrufung eines neuen Moralsystems) die Absichtserklärung schon für die Tat. Als ob sie wüsste, dass die Realität noch jedes Ideal in Scheiße verwandelt, optiert sie für ein uneinsichtiges „Dennoch.“

- Kommen wir also zur repräsentativen Kunst im öffentlichen Raum. In Bergen wurde die ehemalige Börse zu einem effektiven Touristenbüro umgewidmet. Ich sage das ohne Anzüglichkeit. Die Wandfresken feiern – wie im Osloer Rathaus – die vorindustriellen Lebenswelten des Arbeiters.
Die Formgebungsidee ist auch hier eine gebremste Moderne. Will heißen: es gibt stilistische Entlehnungen aus dem Expressionismus in der ansatzweisen Geometrisierung der Körper, aber alles sehr dezent.
Das hat dem Künstler wohl hier in Bergen – wie dort in Oslo - den Zuschlag verschafft. Ohne dass explizit von entarteter Kunst die Rede ist, degradiert der normale Kunstverbraucher eine Kunstidee zu einem gefälligen Abweichen vom Wiedererkennbaren. Er macht den Expressionismus zu einer Manier, und die kommt ihm von den Manieren, den selbstverständlich guten.

- Wo die Wohltemperiertheit des Schicklichen vermisst wird, gibt die Wohlmeinendheit keinen Deut aus. Das musste der Maler Arne Ekeland erfahren, als er seine Entwürfe für die Fresken des Osloer Rathaus einreichte, und sich darin Arbeiterschaft und Bürgertum eben nicht beseligt in die Arme fallen, um die anzustrebende Klassenharmonie zu feiern.
Eins seiner berühmteren Gemälde ist der „Letzte Schuss“. Es hängt im Nationalmuseum und stellt einen kleine Verkehrsinsel dar, auf der sich ein Kleriker im Habit und ein Banker mit weiterem Anhang dem final show-down stellen. Was man auf dem folgenden link nicht so recht erkennen kann
http://www.ekeland.org/232.html
ist: der Kleriker neben dem einstürzenden Bankgebäude zielt resigniert ein letztes Mal mit einem gewaltigen Revolver auf die Übermacht der massenhaft heranstürmenden Nackten.
Oder ist es ganz umgekehrt?
Eine Gestalt links im Vordergrund hat einen Radkranz in der Rechten (Allegorie der Industrie) und anstatt eines Kopfes
EINE KIRCHE
auf den Schultern schweben.

Überhaupt viel Sozialkritisches, was sich der reiche, sponsierende Spender namens Sejerstedt Bødtker geleistet hat. Einer der Schleichwege des schlechten Gewissens, sich ein gutes zu verschaffen, ist nun mal das Mäzenatentum.

Dennoch habe ich der Führerin in der Osloer City-Hall widersprochen. Die Arbeiterbewegung kam und kommt nicht aus Russland, sondern aus der Sache selbst.


Reisende Menschen in Norwegen 2010
Es gibt - wie bei den Daheimbleibern halt auch - unterwegs den üblichen repräsentativen Querschnitt durch das genus humanum.
Es gibt in der Hostel - Szene aber doch unübersehbare Neuerungen. Während die Hostels früher für die Regentage Bücher bereit hielten, gab es im „Sentrum Pensjonat“ nicht eins zu greifen. Die ehemalige „Bibliothek“ war aber gut gefüllt mit Ausleihbarem: mit DVDs in ihren Hüllen.
Ich beklage mich nicht, ich stelle fest: die elektronischen Medien haben die Szene doch sehr verändert. Früher fielen nur die Japaner unangenehm auf. Sobald sie sich den Schlafraum zugeteilt hatten, forschten sie – auch durch Abrücken des Bettes, in dem du liegst - nach dem power point, um ihre Akkus aufzuladen. Wühlen dann in den mitgeschleppten Musik—Oblaten, Ohrenschützer auf, und weg waren sie. Japaner sind keine Reisenden, sie sind Dagewesene.
Nicht weiter schlimm, denn fast alle konnten eh nur, was ihnen ihre Mutter vorgeplappert hatte, oder das angebotene English war so gut wie nicht decodierbar. Die einzige Japanerin, deren englisch ich mühelos verstehen konnte, stellte sich als eine in Kanada lebende Honkong - Chinesin heraus.
Heute belegt der traveller sein Bett, öffnet sein Mäuse-Büro (Laptop) und ist dicht. Im Rezeptionsbereich des Aker-Hostels (Oslo) war das Verhältnis der Laptopstreichler zu den daneben sitzenden Entgeisterten 9 zu 3. Die haben sich dann halt auch resignierend zugestöpselt.
Ich habe den Eindruck, die Generation der Einge- und Verstöpselten nimmt ihre Ohrenschützer überhaupt nur noch ab, wenn sie im Gesicht ihres Chefs Mundbewegungen gewahren. Konformierende Asoziale.
Ich erwähne das bloß, damit sich keiner falschen Vorstellungen über die Selbstgestaltungsfähigkeit der Massen hingibt, von der immerhin mal die Möglichkeit der historischen Arbeiterbewegung abhing. (Grund dürfte die allgemein genährte Auffassung sein, dass das in katastrophale Unsicherheit geworfene Sicherheitsbedürfnis der Abhängigen etwas zu verlieren habe.)
Neuerdings geht man nicht mehr mit dem Rucksack, sondern dem Rollwägelchen für den Computer auf eine Welt los, die man als persönliches Angebot zu würdigen gedenkt, oder mit herber Kritik quittiert, wenn dem ach so individuellen gusto nicht Rechnung getragen wurde.
Beispielsweise findet im Schönheitswettbewerb des Tourismus folgendes Arrangement großen Beifall: Ankunft der Flåmbahn am Kjosfossen bei Myrdal.
Per Lautsprecher werden 5 Minuten Aufenthalt am Wasserfall angekündigt.
Rechts neben dem gewaltigen Naturschauspiel erscheint zu sehnsuchtsvoller Melodei eine blonde Schönheit in zigeunerischen roten Plünnen und tanzt was Selbstvergessenes.
Und verschwindet schlagartig hinter einer Geländefalte.
Ihr überraschendes Verschwinden wird aufgewogen durch das zeitgleiche Erscheinen einer blonden Schönheit in zigeunerischen roten Plünnen, die was Selbstvergessenes zu der sehnsüchtigen Melodei tanzt. Diesmal mittig vor dem Wasserfall und gut zwanzig Meter davon entfernt. Und so weiter.
Die baffmachende Koinzidenz von Verschwinden und Rematerialisierung an anderem Ort lässt die Fotografen befriedigt aufschnaufen und ihre Apparate auf Video schalten. Man ist Zeuge eines raffiniert inszenierten Video-Clips gewesen.
Und was war wirklich?
Leere Mystik des Schaustellergewerbes als Wertangebot.

Einen besonders krassen Anwendungsfall meiner Privatmythologie von Klecks und Linie muss ich unbedingt festhalten für mein schon schütter werdendes Gedächtnis.
Ich teile eine Campinghütte in Geilo mit einem, der so inkarnierte Schweiz ist, dass er sich gar nicht vorstellen konnte, sein Gesprächspartner könnte eventuell Anstoß nehmen an dem neuesten schweizerischen Beschluss des Minarettverbots. Hier sein umwerfendes Argument:
Und wenn wir ins Ausland gehen, was ist uns da nicht alles verboten!“
Ihn ängstigt auch die Osloer Szene mit ihrer multi-kulturellen Mischung. Da wäre er doch eher für „eine härtere Gangart in der Immigrationspolitik.“
Mein Gott, was für ein Klecks!!
Hier hilft nur die Mimikry der Linie. Aber heimlich denkt man sich: Genau, die Aufklärung hat nie stattgefunden, die paar bürgerlichen Freiheiten, die der moderne Staat sich wenigstens irgendwo hin aufgeschrieben hat, dass man das gelegentlich mal nachlesen könnte, gehören sich dem generellen Freiheitsverzicht auch noch hinterhergeworfen.
Es lebe seine Majestät, der Klecks!

Wie so gar wundersam anders der 72-jährige, ehemalige Hotelmanager aus den Niederlanden. Ich stoße in Voss auf ihn, wie er gerade in Sloterdijks „Kritik der zynischen Vernunft“ liest. Er reise, um von der NATURE zu lernen, was bei seiner NURTURE (in mehr als einem bloß materiellen Sinne) falsch gelaufen sei.
Es ging uns beiden so gut wie lange nicht mehr. Wie man einander Hand in Hand arbeitet, so lachten wir - einander Erratenden - Hand in Hand.
Seiner Königin habe er anderthalb Jahre auf Papua-Neuguinea als Friedensheld gedient. Diese segensreiche Tätigkeit im Dienste des holländischen Kolonialismus habe zu 300 000 Toten im indonesischen Raum geführt. Er war nämlich nicht nur Augenzeuge wie die Missionare sich die Eingeborenen sexuell gefügig machten, sondern auch unter ihnen aufräumten.
Folgender obszöne Song sei ferner keine bloße Parodie, sondern die Praxis der Missionare gewesen:

Far have I travelled and much have I seenhad blow jobs from bancis and fucked things obscenebeen cripled by herpes and things far more firebut if you want a blow job go to Irian Jaya.CHORUS:Irian Jaya,to be gobbled by natives is what I desire.They practice on blowjobs in Irian Jaya.

Mit einem geschätzten Vermögen von über drei Milliarden Dollar zählt sein Königinnenhaus übrigens zu den reichsten Frauinnen der Welt.
Ich helfe ihm aus: „Ja wenn man in New York seit Peter Stuyesant mehrere Straßenzüge an Immobilien sein eigen nennt, ist das kein großes Kunststück.“
Und eine meiner Freundinnen, eine Jüdin, macht sich Kummer über die Höhe der Wiedergutmachung, die man ihr für ihre Olivengärten und die Todesangst gezahlt hat!“
Wie man sieht: halt zwei harmlose Verrückte unter sich.
antiferengi - 18. Sep, 11:28

Wenn einer mit Wärme von seiner Liebe spricht, erkaltet der Zuhörer augenblicklich, und sein Blick beginnt ziellos, aber hilfesuchend, umherzuirren.

Und ich sage dir. Ich war dabei. (Wenigstens ein wenig). Dank deiner Worte.

(Habe mir sogar die alte Cd nochmal aufgelegt, um die passende Stimme von Lee Marvin zu hören ;-)

scribine - 18. Sep, 12:25

Einfach zauberhaft!
Bin voll des Staunens über ihre von Wunder vollen Wortspiele!

Großartig!

Ach, ich liebe diese, ihre Kunst zu schreiben!

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