Auch ein Ziel!
nämlich das Publikum wirkungsästhetisch zu rühren, sogar (!) zu mitleidigen Tränen!
Der Literaturtheoretiker Lessing empfiehlt für die dramatische Technik der Seelenmassage einen Bettler. Jemand geht zu ihm und fragt nach seinem Unglück, und er antwortet: „Ich habe vor drei Jahren meine Arbeit verloren, meine Frau ist krank, meine Kinder sind zu klein, um für sich selbst zu sorgen, und ich bin erst gestern von einer schweren Krankheit genesen.“
Man fragt den Bettler: „Wer sind Sie?“
Er: „Ich habe für einen Minister gearbeitet, und ich könnte meine Arbeit sofort wiederbekommen, wenn ich bereit wäre, das Geschöpf dieses bösen Ministers zu werden.“
Lessing meint nun, das sei eine traurige Geschichte, aber sie würde niemanden zu Tränen rühren, welch letzteres überhaupt erst eine echte moralische Verbesserung darstelle.
Richtig, Elendsmalerei interessiert nur ungeschickte Agitatoren.
Aber wenn der Bettler sagte: „Ich habe meine Arbeit verloren, weil ich ehrlich war und mich bei diesem Minister unbeliebt gemacht habe, deshalb leide ich jetzt Hunger, und meine kranke Frau und meine Kinder haben Hunger und gehen lieber betteln, als anzuschauen, wie ich böse werde, weil sie nicht ertragen könnten, dass ich böse werde.“
Das würde einen echten Stich machen.
Denn in diesem Fall mag die mitfühlende Person sogar (!) zu Tränen gerührt werden, weil man hier eine Geschichte hört, in der die moralische Fähigkeit und Fertigkeit eines Identifikationswürdigen und sein zu Unrecht erlittenes Unglück in einem ausgeglichenen Verhältnis zueinander stehen.
Raffiniert!
Der mitleidigste Mensch ist also der beste Mensch.
Schon recht.
Wegen dieser ästhetischen Erziehung des Menschengeschlechts zum Gerechtigkeitswahn bleibt es genau so wie es ist.
Nur ganz böse Zungen denken vor, dass das darin aufscheinende gesellschaftliche Verhältnis einer erwünschten Wirkung der Innerlichkeitskultur zuliebe manipuliert wurde.
Und sie kehren sich angeekelt davon ab, um den degoutanten Grund zu thematisieren.
Der Literaturtheoretiker Lessing empfiehlt für die dramatische Technik der Seelenmassage einen Bettler. Jemand geht zu ihm und fragt nach seinem Unglück, und er antwortet: „Ich habe vor drei Jahren meine Arbeit verloren, meine Frau ist krank, meine Kinder sind zu klein, um für sich selbst zu sorgen, und ich bin erst gestern von einer schweren Krankheit genesen.“
Man fragt den Bettler: „Wer sind Sie?“
Er: „Ich habe für einen Minister gearbeitet, und ich könnte meine Arbeit sofort wiederbekommen, wenn ich bereit wäre, das Geschöpf dieses bösen Ministers zu werden.“
Lessing meint nun, das sei eine traurige Geschichte, aber sie würde niemanden zu Tränen rühren, welch letzteres überhaupt erst eine echte moralische Verbesserung darstelle.
Richtig, Elendsmalerei interessiert nur ungeschickte Agitatoren.
Aber wenn der Bettler sagte: „Ich habe meine Arbeit verloren, weil ich ehrlich war und mich bei diesem Minister unbeliebt gemacht habe, deshalb leide ich jetzt Hunger, und meine kranke Frau und meine Kinder haben Hunger und gehen lieber betteln, als anzuschauen, wie ich böse werde, weil sie nicht ertragen könnten, dass ich böse werde.“
Das würde einen echten Stich machen.
Denn in diesem Fall mag die mitfühlende Person sogar (!) zu Tränen gerührt werden, weil man hier eine Geschichte hört, in der die moralische Fähigkeit und Fertigkeit eines Identifikationswürdigen und sein zu Unrecht erlittenes Unglück in einem ausgeglichenen Verhältnis zueinander stehen.
Raffiniert!
Der mitleidigste Mensch ist also der beste Mensch.
Schon recht.
Wegen dieser ästhetischen Erziehung des Menschengeschlechts zum Gerechtigkeitswahn bleibt es genau so wie es ist.
Nur ganz böse Zungen denken vor, dass das darin aufscheinende gesellschaftliche Verhältnis einer erwünschten Wirkung der Innerlichkeitskultur zuliebe manipuliert wurde.
Und sie kehren sich angeekelt davon ab, um den degoutanten Grund zu thematisieren.
gitano - 14. Jan, 07:19
Daß die Erzählung aber halbwegs pointiert sei, wird weiterhin vorausgesetzt.
Danke für den Hinweis.
Hollywood war gestern, der Italo-Western hat sich als neues Nachfolgemodell angeboten.
Die Angst, es könnte tatsächlich alles - ausser der perfekten Funktionalität des Kopfgeldjägers - hinfällig sein, zählt dann schon zur Abteilung der Selbstbestrafung unangepasster Wünsche.
Ansonsten bestehe ich aber auf meiner Attacke auf (beispielsweise) die Verwechslung imperialistischer Kriege mit der symphonisch untermalten Schicksalsreportage von moralisch einwandfreien Afghanistan-Witwen und ihren Kindern.