Schnüffeln an einer Wundertüte
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13. Februar: Bangkok
Ein ziemlicher Schlag, wenn man aus einem frostigen Deutschland kommt, und die Temperatur in Bangkok auf der wärmeren Seite der 20er Grade liegt.
Unser Hotel (Navalai River Resort) liegt unweit der Khao San Road. Was so viel wie Strasse der Hühnerscheiße bedeutet.
Und da ist was dran.
Diese heutige Partystrasse, ehemalige Zuflucht der traveller mit dem begrenzten Budget, ist laut wie ein aufgeschreckter Hühnerhof, und die komischen Vögel, die da zwischen den Taxis, Shuttles und stinkenden Tuk - Tuks rumpicken, sehen aus wie eine bunte Mischung aus den ins etwas Schmerbäuchige geratenen Damaligen auf Nostalgietrip und ihren gründlich danebengeratenen Sprösslingen. Die alten schäbigen guesthouses sind modernen Hotels gewichen, und nur die fliegenden Händler mit ihren Käfer-, Frosch- und Würmersortimenten erinnern an vortouristische Brauchtumspflege.
Haben trotzdem uns einen „Red Snapper“(-Fisch) frittieren und das hochprozentige Chang-Bier schmecken lassen.
Sonntag, 14. Februar
Wegen der Feierlichkeiten des chinesischen Frühlingsfestes waren uns die meisten Tempelanlagen (Wats) vormittags verschlossen. So ging die Zeit vor 14:00 Uhr für einen Hatscher zum eindrucksvollen, 24 m hohen Standing Buddha (im Wat Suthat) drauf. Sehr einnehmende Atmosphäre, dieses Gewusel aus Buddhismus und chinesisch—vulgärem Gekaspere in der ausladenden Dekoration der Baulichkeiten und ihrer bunten Bemalung.
Der abergläubischen Vorstellung, durch das Freilassen von Vögelchen aus ihrem Käfig werde man lucky, lucky, haben wir uns aber verschlossen.
Nach dem Besuch des Nationalmuseums dann der Wat Phra Kaeo in der Anlage des Grand Palace und der Wat Pho.
Man glaubt zu träumen, so unwirklich und dennoch unleugbar real stehen diese spektakulären architektonischen Ereignisse vor einem.
Zwischen Schönheit und Kitsch unterscheiden zu wollen, macht hier ebenso wenig Sinn, wie ein Entschluss, sich den dort gelehrten Künsten der Astrologie und der Thai-Massage zu verschließen. Beides tut den Leuten offenbar gut. Und wer sehenden Auges - der wohltätigen Wirkung wegen - eine von den Mönchen gar nicht geleugnete Mystifikation akzeptiert, der widerruft eben in seinem Tun den Betrug.
Zurück zum Hotel in Banglampoo auf dem billigen Wasserwege im Expressboot.
Noch billiger, nämlich kostenlos, fahren die Mönche auf einem ihnen eigens reservierten Stehplatz. Der Aberglaube macht auch hier glücklich: wo ein Mönch mitfährt ist alles Böse gebannt.
Montag, 15. Februar
Heute geht es nach Westen. Auf dem Weg zum Schwimmenden Markt in Damnoen Saduak kommen wir auch an ausgedehnten Salzgärten vorbei. In riesigen Pfannen wird das Meerwasser verdampft und das zurückbleibende Meersalz zusammengescharrt und eingesackt.
Der Markt selber wird wohl nur noch der Touristen wegen abgehalten und besteht im Wesentlichen aus einem ewigen Stau auf den Klongs (Kanälen). Weswegen wir uns entschieden, das Treiben lieber von Land aus zu beobachten. Und manches Dekolletee war in der Tat sehenswert.
Ein Kick waren auch die von Giger und anderen Fantasykünstlern inspirierten Skulpturen aus verschweißten Metallabfällen, eine Kunstrichtung, die ihren Weg zwar in den pazifischen Raum, aber noch nicht nach Europa gefunden hat. Vermutlich wegen der unverstellt brutalen Expressivität, die von den Thais auch in der Bemalung der modernen Busse bevorzugt wird. Es ist diese unverhohlene Freude an der körperlich ausgelebten Gewalt auch in allen populären Kampfsportarten (Stier-, Fisch, Hahn-, und Grillenkampf) bis hin zum Kickboxen in dieser Kultur überall gegenwärtig. Die Botschaft des Buddhismus ist ja dann wohl eher zum Oberflächenphänomen zu rechnen, wie bei uns das Taufscheinchristentum.
Auf der Fahrt nach Kanchanaburi (am River Kwai) die gesamte Palette der landwirtschaftlichen Produktion: Kokospalmen, Bananen, Zuckerrohr, Reis, Papayas und Tapioka (Kassava). War auch auf der Fahrt mit einer Uraltbahn nach Nam Tok zu besichtigen..
Bedrückend dann die Erinnerung an die Aufführung der Saubande namens Menschheit anlässlich meines River – Kwai - Memorial Marsches und der Besichtigung der Kriegsgräber auf dem Friedhof.
Neben den Kriegsverbrechen der Japaner in Nanking war hier die Stätte ihrer zweitgrößten Schweinerei, die zweihunderttausend asiatischen und europäischen Zwangsarbeitern als Erlösung gelten musste, wenn Unterernährung, Überarbeitung, Arbeitsunfälle und amerikanische Bombardements der Brücke endlich über die Grenze der körperlichen Ausbeute gerieten. In Widerrufung von Johannes 4:35 von der reichlichen Ernte und den wenigen Erntearbeitern brüllt ein englischer Grabstein die bittere Wahrheit in die Ohren tauber Geschlechter: „There was no harvest.“ Und die Sichel mähte nur junge Männer in ihren 20ern dahin.
Die Abteilung der Niederländer nebenan schweigt sich übrigens, anders als die heuchlerische Bande der Engländer, konsequent über das Geschwätz von militärischer Pflichterfüllung als einen ultimativen Liebesakt aus.
- Mit einem longtail-Boot (Langes Boot mit einem kräftigen, umgebautem Lastwagenmotor als Antriebsquelle am Heck) werden wir zu den Jungle-Rafts hinaufgefahren. Diese malerischen „Floating Hotels“ befinden sich auf mehreren Ponton-Flößen mitten in einer Biegung des River Kwai. Man konnte sich eine Schwimmweste anlegen und in dem reißenden Strom bis ans Ende der Floßreihe zum letzten Pier sich treiben lassen.
- Abendlicher Gang in das nahegelegene Dorf von Mitgliedern des Mon-Stammes. Elefanten und Mönche, die wohl einen Pakt mit den heimischen Naturgöttern eingehen mussten, wenn sie von der animistisch denkenden Bevölkerung ernährt werden wollten: ein großer vergoldeter Stein als göttliche Gegenwart von heilender Kraft.
Ansonsten: Öllampen und Ruhe und Frieden auf den Floßen.
Bis auf die Russen, die sich auch hier wieder unangenehm bemerkbar machen. Sie verkörpern das Neureichenproblem in Reinkultur: über Nacht - aus ihnen selbst wohl nicht ganz durchsichtigen Gründen - reich geworden, sind diese gestrigen Knechte heute noch immer genau die selben geistlosen Fleischklumpen. Jetzt gehen sie aber als Herren weltweit allen anderen auf die Nerven mit schlechtem Benehmen: Matronen im Bikini durch ein Mon - Dorf stapfend, und beim Abendessen den männlichen, nackten Schmerbauch präsentierend, symbolträchtig bekleidet mit einem Wildsauzahn.
Dienstag, 16. Februar: Erawan-Wasserfälle
Frühstück mit Elefanten, die von ihren Mahuts zur Tränke geführt werden.
Fahrt zu den Erawan -Wasserfällen, und Aufstieg bis zur siebten Terrasse. Großer, schweißtreibender Spaß in exotischem Ambiente.
Auf der letzten Ebene werden wir Opfer einer räuberischen Affenbande.
Während Kumpel Werner ein Bad in den Tümpeln nimmt, und ich verträumt in den Talschluss glotze, rupft doch ein Bandenmitglied mit kühnem Zugriff aus Werners Rucksack die Tüte mit seinen Sandalen und verschwindet mit affenartiger Geschwindigkeit außerhalb unserer Reichweite.
Mein Versuch, ihm die Beute wieder abzujagen, fand nicht den Beifall eines weiteren Bandenmitglieds. Im Gegenteil. Er wischte mir heimtückisch eine von hinten. Und da sage noch einer, das Affentier sei nur instinktgesteuert! Das sind eindeutig unsere Verwandten!
Solche rationalen Zweckbündnisse zur Sicherung von Kriegstrophäen sind normalerweise nur unter dem Menschengetier die übliche Praxis.
Nach Überprüfung des Raubs auf seine Essbarkeit hin verzichtete der Räuber aber großmütig auf das Ungenießbare. Die Schlappen wären ihm und seiner Lieblingsäffin außerdem ein paar Nummern zu groß gewesen.
Übernachtung auf einer weiteren - diesmal aber natürlichen- Insel im River Kwai. Die Wahl des Standortes sicherte wegen des fließenden Wassers weitgehende Mückenfreiheit. Und man konnte in einem Pool gegen die 30 Grad Celsius anplanschen, inmitten von duftenden Frangipani - Bäumen, Bananenstauden und Bambusgebüschen.
Mittwoch, 17. Februar: Ayutthaya
Transferfahrt nach Ayutthaya und am späten Nachmittag Tuk-Tuk-Fahrt zu den wichtigeren der Monumente dieser alten Reichshauptstadt: Wat Maha That mit seinen im Khmer-Baustil prunkenden Prangs und Wat Ratchaburana: Stimmungsvolle Gelände trotz der Einäscherungsversuche der Burmesen bei ihrem Krieg gegen das „Land der Freien“ im 18. Jahrhundert. Ein in einen Bodhi-Baum eingewachsener Buddhakopf frisst sich mir ins Gedächtnis.
Das etwas außerhalb gelegene King Naresuan Monument, der Wat Lokayasutharam mit seinem liegenden Buddha schon im milden Abendlicht und die schönen Chedis des Wat Phra Si Sanphet.
Größeren Reiz hatte aber ein Umzug der Chinesen anlässlich der Feier ihres Neuen Jahres. Dieses Flühlingsfest ist eine falbenplächtige und mit gloßem Klach und Wonne velbundene Angelegenheit. Untel andelem walen da als Tigel bemalte Elefanten, sozusagen Tigelphanten mit ihlen Kunststücken und del unvelmeidliche Glücksdlache. Geschäftsleute nötigten den, eiflig mit Geld winkend, in ihle Geschäfte, damit ihnen das neue Jahl auch ja zum Segen ausschlägt...
Donnerstag, 18. Februar: Ayutthaya und Nachtfahrt nach Chiang Mai
Was macht man nur mit einem glühend heißen Tag bis zur Abfahrt des Nachtzuges?
Man latscht probeweise vom Ayothaya—Hotel zum Bahnhof und dann zum Historical Study Centre. Aaahhh, air conditioned! Und interessant obendrein.
Verunreinigte ich gestern meinen Geist mit so Spektakulärem wie Tigerphanten, Glücksdrachen und niedlichen stupsnäsigen Chinesinnen, heute erbaute ich mich an einer gravierten Höllendarstellung, die von einer wahrhaft teuflischen Einbildungskraft des Künstlers zeugt.
Zwar sind die Qualen des Tantalus im Tartarus schon ganz hübsche antike Bebilderungen dessen, was mir dereinst blüht, aber folgende Szene übertrifft sämtliche Grausligkeiten abendländischer Höllenqualen: man sieht einen Mann, der sich mit einem Hoden beschleppt, dessen Keimdrüsen die Größe seines Kopfes bei weitem übertreffen. Wer jemals „dicke Eier“ hatte, wegen ausbleibender Triebabfuhr oder weil er sich einen Infekt der Urogenitalregion zugezogen hat, der weiß, was Sache ist.
Aber da ist noch ein zweiter Mann, der mit einem gigantischen Gemächt geschlagen ist, dessen Ausmaße ihn nötigen, dieses völlig unbrauchbare Zeugungswerkzeug wie den Sack des St. Nikolaus über den Rücken geworfen zu tragen.
Der Witz dabei ist: beide stehen einem weiblichen Menschen gegenüber, dessen glühendes sexuelles Verlangen durch von der Leibesmitte ausgehende Flammen unzweifelhaft symbolisiert ist, und angesichts der eben geschilderten Proportionen auf ewig ungestillt bleiben wird.
Ein Genie der Grausamkeit, dieser begnadete Künstler!
Kaum sind wir draußen, schlägt auch schon die Hitze wieder zu. Also Flucht in ein gegenüber liegendes Restaurant. Aaahhh, klimatisiert!
Aber die Menue-Karte weist nur thailändisches Krikelkrakel auf. Wir tippen für den Kellner - auf gut Glück! - auf das Photo eines Gerichtes, das Züge von Genießbarkeit aufweist. Also keine Heuschrecken, keine Käfer von der Größe meines Daumens, keine Zikaden und Mehlwürmer oder andere UCOs (Unknown crawling objects)!
Ging alles gut.
Die auf Kühlung bedachte Flucht ins Nationalmuseum stellte sich jedoch als kompletter Fehlschlag heraus. Jede Menge Buddhas und Goldschätze aus Krypten, welche die Burmesen nicht gefunden hatten, jede Menge Schulklassen, die erfolgreich versuchten lauter zu sein als ihre Lehrer, aber keine Air Condition!
Und dabei blieb es bis ans Ende dieses Tages. Der ehemalige königliche Elefanten-Kraal, heute Elephantöses für Touristen, genau so heiß wie der Markt am Viharn Phra Mongkon Bophit und der Park, der selber dem nächsten Regen entgegendürstete. In der Nähe der Erdgöttin Mae Thoranee im Phra Ram Park hielten wir eine dringend nötige Siesta. Wir träumten eine Stunde in den Himmel, einen Raum, sympathischerweise angefüllt mit jeder Menge Nicht-Anwesendem.
Irgendwie haben wir den Tag dann doch überstanden und durften in den Liegebetten des besinnlich dahinschaukelnden – klimatisierten! - Nachtzugs (13 Stunden für nicht ganz 700 km!) in den Schlaf flüchten.
Wir wandernden Wesen werden wegen dem vielen Staub der Wege in unseren Augen Gnade vor den Göttern finden.
Der Zug hat mich in dieser Nacht eine kleine parabolische Weisheit gelehrt: “Hab keine Angst vor dem Langsamerwerden, aber fürchte dich vor dem Stillstand.“
Freitag, 19. Februar: Chiang MaiWir melden uns ordnungsgemäß für den morgigen Trek in die Berge an.
Dann von den über 300 Tempeln das Pflichtprogramm.
Das hört sich jetzt ganz falsch an.
Ich liebe diese luftigen, schwebenden, graziösen Architekturen und die dazugehörigen Gesamtanlagen mit ihren Pagoden (Chedis, Stupas, Reliquienhügeln): Wat Chedi Luang, Wat Chiang Man und Wat Prasingh.
Hier habe ich zum ersten Mal einen Mönch in Trance gesehen. Ein unglaublich überzeugendes Erlebnis, dessen Kern ein - mein Realitätsbewusstsein auslöschender - Sog in seine Richtung war, dessen reißender Strömung ich mich nur mit Mühe vor meinem Verschwinden in diesen toten Augen entziehen konnte.
Im Ambiente dieser Tempelanlage gibt es einen kleinen Hain mit handfesten Sprüchen an den Bäumen. Hier ist der einzige, den ich vorbehaltlos unterschreibe, weil er die pure Wahrheit über die tendenzielle Leere unserer materialistischen Kultur ausspricht:
“If there is nothing that you like
You must like the things you have.”
-Einchecken spätnachnittags im Chiang Mai Gate Hotel.
Samstag, 20. Februar
Mit dem Pick-up Truck mit anderen Reisenden in die grüne dschungelartige Umgebung des Sekundärwalds.
Wir besichtigen ein Elefanten-Trainingscamp. Die Mahuts führen die Tiere zur Tränke im Fluss und kratzen ihnen beim Waschen die Parasiten aus den Hautfalten.
Das kleine Elefantenbaby hisst mit seinem Rüssel die Campflagge, und wir sehen, dass diese großen Riesen gelernt haben, Baumstämme herumzukicken, zu schleifen und zu transportieren.
Diese Rüssel haben 400 Muskeln, mit denen sie auch feinmotorisch komplizierte Bewegungen ausführen können. Zwei Elefanten mit künstlerischer Ader pinseln sogar blühende Bäume aufs Papier, die als solche durchaus erkennbar sind.
Dann wanderten wir durch Plantagen und entlang eines verschilften Rinnsals hügelan und weiter zu einem noch sehr traditionell lebenden Palong Stamm.
Schweine und Hühner.
Die Übernachtung "à la Bergvolk" sieht eine Matte auf dem Boden in einer hölzernen Hütte vor. Das derzeit immer noch anhaltende Hochschniefen meiner Nasensekrete geht in seiner Grundlegung wohl auf diese erste und einzige kalte Nacht zurück.
Sonntag, 21. Februar
Eine „Trekking Tour“ durch das Berggebiet auf dem Rücken eines Elefanten.
Seither wissen ich und Werners gezerrter Rücken, dass Elefanten Passgänger sind. Seelenruhig schmeißen die dich schaukelnd von links nach rechts und stapfen auch Steigungen von 45 Grad Fuß vor Fuß bergan. Von einer zu suchenden Ideallinie halten diese Sturköpfe überhaupt nichts. Stürzen sich ebenso in der superdirettissima, aber gemächlich drüben den steilen Berg wieder runter. Einmal im Leben reicht!
Später am Tag ließen wir uns auf einem Bambusfloß flussabwärts staken.
- Auf dem Rückweg Besuch einer Orchideenzüchterei.
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Montag, 22. Februar
Werners Rücken ist noch angeschlagen von dem Elefantenritt. Mache aus dem Tag eine Gelegenheit zu gemütlicher Tempelbummelei.
Der Wat Chet Yot am Superhighway ist eine Nachbildung des Mahabodhi-Tempels in Bodh-Gaya, Indien, jener Stadt, in der Buddha seine Erleuchtung erlebte.
Meine sieht bei 40 Grad im Schatten dieser Bäume so aus:
Sieht man sich einen Bodhi - Baum an, wird einem schlagartig klar, wie Buddha auf den lebensphilosophischen Einfall verfallen konnte, dass das Viele (der Einzelstränge des Bodhi - Baumstamms) im Grunde nur das sich entfaltende Eine (des Baums mit seinem Geäst) sei.
Und das berühmte Dogma von der Leere ist auch nur eine falsche Abstraktion vom selben Kaliber: wenn man alle Formen im Geiste übereinander legt, entsteht die Unterschiedslosigkeit alles sich gegenseitig Auslöschenden.
Genauso gut kann man in der Luftspiegelung eines Gewässers zu fischen versuchen.
Dienstag, 23. Februar
1-stündiger Flug zurück nach Bangkok, 3-stündiger Bustransfer von der Northern Busstation nach Pak Chong und zum Khao Yai Natural Park.
Abends Fahrt über Sturzäcker, die hier als Fahrstrassen dienen, zu einer Fledermaushöhle, aus der bei Sonnenuntergang ca. 3 Millionen Fledermäuse auf Nahrungssuche ausfliegen. Ein Naturspektakel, das sich eine Stunde lang gut hörbar hinzieht.
Mittwoch, 24. Februar: Khao Yai Nationalpark
Vielleicht hätte ich mich doch besser an die alte Weisheit halten sollen: „I expected nothing. I got nothing. I had a great time.”
Der Fehler war, ich verbinde mit Nationalpark die Vorstellung eines besonderen, mit optischen Reizen begnadeten Landstrichs. Der Khao Yai („Große Berge“) heißt nur so. In Wirklichkeit steht da links und rechts der Asphaltstrassen ein Baum neben dem anderen und versperrt jede freie Sicht auf weniger Ödes.
Na gut, ich habe einen Nashornvogel gesehen (Spannweite 2 Meter), mehrere Makakenaffen, und ein Gibbon jumpte einen gewaltigen Sprung durch die balkenlose Luft zum nächsten Baum. Im Informationszentrum steht ein ausgestopfter „Man-Eater“ (ein Tiger, der Geschmack an Menschenfleisch gefunden hat). Und auf der Nachtsafari wärmten sich eine Kobra und ein Python auf dem aufgeheizten Asphalt. Der Spaziergang von knapp zwei Stunden durch den erst langsam wieder verurwaldenden Sekundärwald war mir einfach zu wenig. Nicht mal eine Spinne gab es zu sehen.
Der Wasserfall aus dem Film „The Beach“, in den Di Caprio taucht, war zwar auch da. Aber sonst waren da nur 40 Grad und so langweilige Straßen, dass gegen das ernsthaft zu befürchtende Einschlafen der Pick-Up-Fahrer sonore Bänder vor jeder Kurve angelegt sind.
Wir sind auf der - sich an den heißen Tag direkt anschließenden - Nacht-Safari auf einer Pirsch nach Elefantenmotiven ca. 200 km sinnlos herumgegurkt. Außer riesigen Bollen von Elefantenscheiße auf der Straße war da nix.
Dabei ist dieser Park von 500 km Pfaden durchzogen, und weist die höchste Konzentration von Elefanten in Thailand auf. Als ich auf diese Unverhältnismäßigkeit von Zeit- und Spritverschwendung einerseits und die mit auffallender Resultatlosigkeit vollgestopften Stunden andererseits hinweise, kriege ich von allen das zu erwartende Contra. Die dickbusige Amerikanerin hatte gar den Eindruck eines rundum befriedigenden „lovely ride.“ Aber die wusste ja über ihre Südamerikareise auch nur, dass sie „ been oh so many places“. Alle anderen Herumgekarrten übrigens auch.
Merke: die normalen Mitmacher halten das Eingeständnis einer eventuell fehlerhaften Entscheidung gar nie nicht für opportun. Schließlich haben sie ja dafür in mehreren Hinsichten sich Kosten eingehandelt.
Weswegen das Critiquable an einer critiquablen Sache grundsätzlich der Kritiker ist. Soweit die tragfähige Erkenntnis des Westlers, der sich immerzu von seiner unreinlichen Unterscheidungssucht zu Unterscheidungen hinreißen lässt.
Man kann sich aber auch stattdessen mit buddhistischer Weisheit trösten.
„Lieber Herr, alle Worte sind leer, nichtig und gehören nirgendwo im Raume hin. Leer und nichtig zu sein und nirgendwo im Raume hinzugehören, das ist das Kennzeichen der Absoluten Wahrheit.“
Donnerstag, 25. Februar
Zurück nach Bangkok mit dem local bus. Auf der Mattscheibe des Fernsehers rollt ein thailändisches Aschenputtelmärchen ab, nimmt dann aber eine landestypische Wendung in eine Rachestory des - todeshalber - schrecklich herumgespensternden Geistes. Geisterstunde ist offenbar immer um 5 Uhr p.m. Die Bildspur wird dann monochrom eingebläut, und die vom Geist verfolgten Bösewichter schreien ganz schrecklich vor Angst.
Eine süße, kleine, dreijährige Konsumentin des heimischen Populärkulturprodukts nimmt sich diese Geisterangstbotschaft so zu Herzen, dass sie überhaupt nicht mehr mit Schreien aufhört. Der Fernseher wird also aus psychohygienischen Erwägungen heraus ausgeschaltet.
Jetzt war Ruhe.
Und ich werde nie erfahren, ob der herbeibemühte Geisterbeschwörer vielleicht doch noch Erfolg hatte.
- Abstecher nach Bangkoks Chinatown, um für die Daheimgebliebenen Mitbringsel zu besorgen. Wir stoßen auf ein unglaublich quirliges Chaos in der Nähe der Sampeng Lane. Wenn man so sieht, was da an Ingredienzien für demnächstige Mahlzeiten ausliegt und herumstinkt, vergeht einem jede Lust auf einen Besuch Chinas.
Die verdächtig nach Verdauungsendprodukten aussehenden Seegurken sind da noch die harmloseren Exemplare einer definitiv ungustuösen Palette.
- Von den vielen taoistischen Schreinen und Tempeln mit ihren bärtigen Göttern haben wir nur einen einzigen besucht. Mit denen geht es mir wie mit dieser ganzen ersten Reise in die südostasiatischen Tropen: ich werde hin- und hergerissen vom zugleich Abstoßenden und Anziehenden. Mal schwöre ich mir, todsicher wieder hierher, also in die heißeste Metropole der Welt, zu kommen, mal lasse ich mich vom pappigen Schweiß überzeugen, dass dies das erste und letzte Mal war.
- Während ich das schreibe, liegt - an den Rändern meines Gesichtskreises gerade noch wahrnehmbar - ein Reiseführer von Myanmar.
- Und darunter der von Vietnam.