Sonntag, 15. August 2010

Vorsicht, Literatur!

Die Fehler/Sünden/Laster der modernen Welt

Die modernen Delinquenten
Sind befugt, täglich an Parkanlagen und Gärten teilzunehmen.
Gerüstet mit gewichtigen Ferngläsern und Taschenuhren
Plündern sie die vom Tode bevorzugten Kioske
Und installieren ihre Laboratorien zwischen den blühenden Rosensträuchern.
Von dort aus kontrollieren sie Fotografen und Bettler, die in der Gegend herumschlendern
Und versuchen, der allgemeinen Misere einen kleinen Tempel zu errichten
Und wenn sich die günstige Gelegenheit ergibt,verschaffen sie sich den Besitz eines melancholischen Schuhputzers.
Die verängstigte Polizei flieht diese Monstren
In Richtung des Stadtzentrums
Wo die großen Brände des Jahresendes explodierend ausbrechen
Und ein kühner Kapuzenträger legt zwei Müttern der Barmherzigkeit die Hände auf.

Die Sünden der modernen Welt:
Das Automobil und der Tonfilm,
Die Diskriminierung der Rassen,
Die Auslöschung der roten Häute,
Die Tricks der Großbanken,
Die Katastrophe der Alten,
Der heimliche Mädchenhandel verübt von internationalen Sodomitern,
Die Selbstanpreisung und die Völlerei,
Die pomphaften Leichenbegängnisse,
Die persönlichen Freunde Seiner Excellenz,
Die Überhöhung der Folklore zu einer Kategorie des Geistes,
Der Missbrauch von Rauschgiften und der Philosophie,
Die Verweichlichung des von der Glücksgöttin Favorisierten,
Die Auto-Erotik und die sexuelle Grausamkeit.
Die überspannte Schwärmerei für das Traumhafte und das Unterbewusste auf Kosten des gesunden Menschenverstands.
Das übertriebene Vertrauen auf Seren und Impfungen,
Die Vergöttlichung des Phallus
Die internationale Politik der geöffneten Schenkel, gesponsert von der reaktionären Presse,
Der maßlose Eifer für Macht und Profit,
Der Wettlauf des Goldes,
Der verhängnisvolle Tanz der Dollars,
Die Spekulation und die Fehlgeburt,
Die Vernichtung der Götzen,
Die exzessive Entwicklung der Diätetik und der pädagogischen Psychologie,
Das Laster des Tanzes, des Zigarillos, des Glücksspiels
Die Blutflecken, die sich gewöhnlich in den Betttüchern der frisch Vermählten finden,
Die Verrücktheit des Meeres,
Die Platzangst und die Klaustrophobie,
Die Spaltung des Atoms,
Der blutige Humor der Relativitätstheorie,
Das Delirium, in den Mutterleib zurückzukehren,
Der Kult des Exotischen,
Die Unfälle des Flugverkehrs,
Die Einäscherungen, das Abführen in Massen, die Zurückhaltung der Reisepässe,
All dies nur so halt,
Weil es Schwindel erzeugt,
Die Interpretation der Träume
Und die Verbreitung der Radiomanie.
[...]
Und die Poesie wohnt in den Sachen selbst oder ist ganz einfach eine Spiegelerscheinung des Geistes
[...]
Wegen all dem
Halte ich mir eine Laus in meiner Krawatte
Und muß über die Schwachsinnigen lächeln, die von den Bäumen herunterklettern.


(Aus: Nicanor Parra "Poemas & Antipoemas)

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